We Are One – Musikalischer Leckerbissen von U.D.O. und dem Bundeswehrmusikkorp – ein Album Review

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Seit ich zum ersten Mal das Album Lingua Mortis Orchestra von RAGE gehört habe, hat mich die Kombination von klassischem Orchester und Metal fasziniert. Nach dem gelungenen U.D.O.– Auftritt mit dem Bundeswehrkorps beim Schlamm-Festival W.O.A.2015 war ich gespannt auf das für diesen Sommer angekündigte Ergebnis ihrer erneuten Zusammenarbeit. Am 17. Juli veröffentlichen  U.D.O. zusammne mit dem 60. köpfigen Bundeswehrkorps ist erstes gemeinsames Album mit dem recht trefenden Titel We Are One .

Anders als viele andere „Orchesterplatten“, bei denen bekannte Songs und Klassiker für die Zusammenarbeit mit einem Orchester umarrangiert wurden, schlägt Udo Dirkschneider und seine Band einen anderen Weg ein.
Auf dem neuen Album wurden alle Songs gemeinsam mit den beiden Komponisten des Bundeswehrkorps Guido Rennert und Alexander Reuber sowie dem Dirigenten Oberstleutnant Christoph Scheibling komplett neu und speziell für diese Kooperation zusammen geschrieben und komponiert. Für das Songwriting konnten auch 2 alte Bekannte aus alten ACCEPT-Zeiten für          We are One gewonnen werden. Udo`s langjährige Weggefährten Stefan Kaufmann und Peter Baltes steuerten insgesamt 7 der 15 Songs für die als Konzeptalbum entstandene Produktion bei. Getreu dem Albumtitel, sprechen hier alle Beteiligten eine Sprache und machen aktuelle Themen wie Umweltverschmutzung, Missstände in der Gesellschaft und die Bedrohung der Erde zum Inhalt der Songs.

Wie Christoph Seibling sehr treffend äußerte „ Noch nie war die Kritik gegenüber einem weltweiten Konsumwahn oder dem Cyber-Wahnsinn so ausdrucksstark. Noch nie waren die Weckrufe gegen Perfektionismus, gegen Nationalismus und vor allem gegen Rechts oder die Würdigung der „Rebellen“ (Leibzig 1989) so wichtig. Orchester und Band wurden zu „We Are One“, zu einem Sprachrohr für ein besseres Leben auf unserem Planeten und in unserem Land. Das geht uns alle an!“

Und was soll ich vorab zu der vorliegenden Vorabaufnahme sagen: Udo gilt ja als die deutsche Metal-Ikone schlechthin und liefert schon seit Jahrzehnten hervorragende Alben ab. Zahlreiche Metal-Klassiker stammen aus seiner Feder, die jeder Metal-Fan in und auswendig kennt. Aber was Udo mit diesem Album geschaffen hat, verdient für mich nur ein Urteil:

Weltklasse, superb, überragend….das Album ist einfach nur megageil !!!

Auch wenn überall zu lesen ist, dass der Zustand und die Ausstattung der Bundeswehr eine einzige  Katastrophe sein soll, im musikalischen Sinn kann ich dem nur widersprechen.

Der Eröffnungstrack für die nächsten 75 min musikalischen Hochgenuss eröffnet das Bundeswehrkorps mit Pauken und Trompeten, ehe Udo,  unterstützt durch den weiblichen Chorgesang im Refrain, gleich mal zeigt wo der Hammer bzw. die Pauken hängen. Bereits bei Pandemonium zeigt sich, das ein Blechorchester wie das des Bunderwehrkorps und Metalmusik wunderbar harmonieren und zusammenpassen. Auch wenn sicherlich der ein oder andere „echte Hardcore-Metalfans“ denken dürfte, dass so unterschiedliche Musikrichtungen nicht zusammenpassen. Bitte unbedingt Probehören und sich überzeugen lassen, es lohnt sich!

Mit dem folgenden Titelsong We are One folgen dann für U.D.O. teils etwas ungewohnte Töne, recht poppig und mit Swingeinlagen versehen, bleibt der Song aufgrund der eingängigen Melodie jedoch sofort im Ohr hängen. Udo duelliert sich hier regelrecht mit den Trompetern und Bläsern, ehe es in den Refrain übergeht, der sicherlich auch live zünden dürfte und sich für den Mitsingteil vor Publikum eignen sollte.

Dann folgt ein Kracher nach dem anderen.

Ob nun der mit epischem Intro beginnende Baltes/Kaufmann Song Love And Sin, das mit toller Melodie unterlegte Future Is The Reason Why, welches das Thema Friday for future aufgreift und mit starkem Bläsereinsatz, Triangel und Glockenspiel zu begeistern weiß oder das mit starkem Kinderchor unterstützte Children Of The World (erinnert mich an They Want War vom U.D.O.-Debut-Album), hier passt alles wie die Faust aufs Auge.

Mit Track Nr. 6 folgt eine Premiere: der erste U.D.O.-Song ohne Udo Dirkschneider an den Vocals. Sonst eher im Musical- und Theater-Genre beheimatet, übernimmt Sängerin Manuela Markewitz,  das Mikro und liefert mit dem Song Blindfold-The Last Defender eine grandiose Ballade ab, die echte Gänsehaut verursacht: Der Song wurde ganz bewusst nur für das Bundeswehrorchester so geschrieben.

Nach dem Instrumental Blackout, bei dem sich das Orchester austoben darf und einen cineastischen Soundtrack-Leckerbissen erschaffen hat (Captain Future aus den 80er lässt grüßen), folgt mit Mother Earth der nächste Wahnsinnssong.

Wie wenn Udo einen Riecher gehabt hätte, zeigt er uns bei Mother Earth die Probleme auf, die die Menschheit erschaffen hat und unseren Planeten damit an den Rand der Existenz bringt. Udo warnt uns nochmals ausdrücklich vor den Konsequenzen unseres bisherigen Handels und vor der bevorstehenden sprichwörtlichen Rache von „Mutter Erde“. Leider wurde dieses Szenario, schneller als wohl von Udo erwartet, in Form von Covid-19 in gewisser Weise bittere Realität.

Mit Rebel Town würdigt Udo dann die Leipziger Protestbewegungen 1989, die zum Ende der DDR führten. Leise und zart vom Orchester beginnend, entwickelt sich dieser Song mit zunehmender Dauer zum Midtemporocker, bis er in einen tollen Refrain mündet.

Nach dem weiteren Instrumental Natural Forces, dieses Mal mit leichten Westerneinflüssen, folgt mit Neon Diamonds ein weiteres Albumhighlight, dieses Mal mit toller Saxophoneinlage und einem klassischen Gesangs-Duett zwischen Udo und Manuela.

Im Anschluss an das mit Dudelsäcken und Pipes irisch angehauchte Instrumental Beyond Gravity wird es schrill. „Funky Udo“ haut Here We Go Again raus, bei dem teils gerappt, gefunkt und gesoult wird, das sich die Balken biegen. Etwas gewöhnungsbedürftig zunächst, aber trotz oder gerade wegen der Saxophone und Bläser in Verbindung mit dem Gitarrensolo irgendwie auch genial. Dann wird nochmals aufs Gaspedal getreten und Sven darf endlich seine Double-Bass malträtieren. We Strike Back erinnert etwas an das Restless and Wild-Album und ist eine echte Speedgranate. Mit den unterlegten Orchesterelemente, zeigt es sich eindrucksvoll, dass auch Speedmetal und Blechinstrumente zusammen funktionieren.

Mit Beyond Good And Evil dürfen sich dann E-Instrumente und klassische Orchesterinstrumente ein abschließendes Duell liefern, welches nur durch gelegentliche Zwischenrufe „Fra – fra fro si kli kro fra fro si“ eines Frauenchors unterbrochen wird. Der Sinn dieser Zeilen hinterlässt jedoch bei mir ein großen Fragezeichen, aber sch…egal, es klingt gut und passt an dieser Stelle. Mit einem abschließenden Paukenschlag schließt dieses superbe Album und mein Finger tippt zum wiederholten Male auf die Repeat-Taste.

Mein Fazit zu „We are One“:

Ich habe in den letzten Jahren selten ein Album gehört, dass mich von Beginn an so begeistert hat und so lange in der Dauerschleife lief. In der heutzutage schnelllebigen Musikindustrie sicher ein Zeichen für eine nicht alltägliche, außergewöhnliche Platte. Hier wird ganz großes Kino geboten, nicht nur in Form einiger soundtrackmäßiger Instrumentals. So fällt es mir sehr schwer, aufgrund der Hitdichte einen absoluten Lieblingssong zu nennen. Es ist einfach das Gesamtwerk, was so außergewöhnlich gut klingt.

Besonders begeistert mich dabei die Vielfalt unterschiedlicher Stimmungen und Sounds, die vielen für Metalfans eher ungewohnten Instrumente und Klänge, die alles in allem so wunderbar harmonieren.   Sie alle machen We Are One zu einem Hörerlebnis, die es dem Hörer immer wieder erlauben, bei jedem Durchlauf neue Details zu entdecken. So dass das Album auch nach dem 20. Mal nicht langweilig wird.

Den Frauen und Männern des Bundeswehrkorps kann man (wie auch U.D.O.) nur zu Ihrer Arbeit gratulieren.

Auf alle Fälle kann es von mir nur 10 Bängs für dieses Meisterwerk geben. zehn von zehn        +

zusätzlich 1 Bonus-Bäng eins von zehn

für die Corona-Dankeshymne Where The Angels Fly, die zusätzlich von U.D.O. und dem Bundeswehrkorps kurz nach Fertoigstellung des Albums in Rekordzeit eingespielt wurde. Der Song ist allen Helferinnen und Helfer in diesen schwierigen Coronazeiten gewidmet, die teils Übermenschliches in den vergangenen Monaten geleistet haben.

Einziger kleiner Wehrmutstropfen: Where The Angels Fly findet sich leider nicht auf den regulären Album und wird nur auf der Blury der Artbook-Ausgabe zu finden sein

Weitere Informstion zur Entstehung des Songs findet ihr direkt auf der Presseportal der Bundeswehr hier

Bleibt zu hoffen, dass eine entsprechende Livepräsentation des Albums nicht durch Covid-19 verhindert wird und dieses außergewöhnliche Album auch vor ausverkauften Hallen präsentiert werden kann. Verdient haben es alle Beteiligten auf jeden Fall.

Was Udo und Sven zu We Are One und künftigen Liveaktivitäten zu sagen hatten, erfahrt ihr in unserem Interview mit den beiden hier

P.S.
We are One
verdrängt ganz sicherlich eines meiner bisherigen Top 10 Alben, die ich auf die berüchtigte einsame Insel mitnehmen würde. Welches Album „dank“ U.D.O. aus dem Gepäck rausfällt,  muss ich demnächst noch entscheiden.

 

 

Release: 17. Juli 2020 über AFM Records/Soulfood Music

Trackliste:

01 Pandemonium
02 We Are One
03 Love And Sin
04 Future Is The Reason Why
05 Children Of The World
06 Blindfold (The Last Defender)
07 Blackout
08 Mother Earth
09 Rebel Town
10 Natural Forces
11 Neon Diamond
12 Beyond Gravity
13 Here We Go Again
14 We Strike Back
15 Beyond Good And Evil

Besetzung U.D.O. :

Udo Dirkschneider (Gesang)

Swen Dirkschneider (Drums)

Andrei Smirnov  (Gitarre)

Fabian Dee Damers (Gitarre)

Tilen Hudrap (Bass)

 

Besetzung Bundeswehrkorps:

u.a.

Leutnant Christoph Seilbling (Dirigent)

Guido Rennert + Alexander Reuber (Komponisten)

Manuela Markewitz (Gesang)

 

Das Album wird u.a. als CD, Artbook (mit CD+BluRay) sowie farbigem Doppel-Vinyl (Limitiert auf je 750 Stück in Rot und silber) erhältlich sein.

 

Website: www.udo-online.com

Website: www.afm-records.de

Facebook:  udo bei facebook

Instagram: instagram.com/u.d.o._official

 

By Thomas

Musikalisch bin ich seit den 80er vor allem im melodischen Hard& Heavy-Dschungel unterwegs und immer auf der Suche nach neuen und alten Perlen. Meine absoluten Faves sind Queenaryche, Y&T, Die Toten Hosen... u.v.a.....inzwischen kann ich mich aber auch für Mittelalterrockband wie Feuerschwanz oder Saltataio Mortis absolut begeistern. Ab und an geht mein Blick aber auch mal über den Tellerrand in Richtung Speed/Trash/Death...solange Melodien erkennbar sind. Auch wenn ich schon zu der Ü50-Fraktion gehöre, findet man mich bei Konzerten und Festivals fast immer Front of Stage, denn Sitzplatz beim Rockkonzerten, das passt bei mir einfach nicht zusammen. Erst wenn es ohne Rollator mal nicht mehr gehen sollte, ist die Tribüne vielleicht ne Alternative.

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