Land: USA
Genre: Metalcore
Erinnert Ihr euch noch an jene Zeit als plötzlich alle Metalcore-Bands Pop Punk machen wollten? Oder die darauffolgende Periode in der keine Metalcore-Band nicht nach Architects klang? Wage War haben diese beiden Phasen in ihrem letzten Album „Pressure“ einfach zusammengefasst. Aber mehr als eine Copycat-Identität besaß die Platte ehrlich gesagt nicht. Nun sind sie zurück mit ihrer neuen Scheibe „Manic“. Was werden die Amerikaner dieses Mal kopieren? Finden wir es gemeinsam heraus.
Gleich beim Opener Relapse fällt eines unmittelbar auf: Wage War haben die Härte mächtig hochgeschraubt. Ein purer Haudrauf-Breakdown kombiniert mit einem melodisch angehauchten Refrain ist zwar nicht gerade bahnbrechend, reicht hier aber aus um mir zu gefallen. Darüber hinaus ist Relapse sehr auf den Punkt gebracht und unter der drei-Minuten-Marke. Pure Power präzise präsentiert.
Diesen Weg geht die Gruppe auch für die folgenden drei Lieder. Teeth, Manic und High Horse sind alle recht kurz und besitzen teilweise clean gesungene Refrains. Das Hauptaugenmerk der Tracks ist jedoch auf den harten Headbanger-Eskapaden die deren Instrumentals beinhalten. Der Titelsong ist besonders gelungen. Er beginnt mit einem Rap-Teil gefolgt von eine Art Hardcore–Metalcore-Ton, der den Rest des Liedes vorherrscht. Es kommt selten vor dass mir ein Song wirklich Angst macht, aber die Energie von Manic gleicht der eines Slasher-Horror-Flicks – man wartet nur darauf, dass jemand mit der Kettensäge aus dem Busch springt und Massenmord begeht.
High Horse behält den Hardcore-Aspekt des Vorgängers glücklicherweise bei. Die meisten wirklich hervorragenden Songs von „Manic“ besitzen diese Brutalität, die Geschwindigkeit und den Wahnsinn, die man so nur im Hardcore findet. Mit ein bisschen mehr Metal und ganz ohne Klargesang prescht High Horse im Gallop voran und zerstört jedes Hindernis in seinem Weg. Ihr glaubt mir nicht? Hört doch selbst:
Meiner Meinung nach hätte man es bei den ersten vier Tracks belassen können und so ein Killer-EP gehabt, aber Wage War hören noch nicht auf: Circle The Drain folgt leider nicht den Fußstapfen seiner Vorreiter sondern geht lieber wieder in Richtung Architects. Ein Mitsing-Refrain mit Chor in Hintergrund, quasi-elaborierte Riffs und melodische Synth-Einschläge im Hintergrund prägen den Track. Leider gibt es dafür von mir keine Pluspunkte hier, denn wenn ich Architects hören will, dann gehe ich zum weit überlegenen Original.
Godspeed hat dasselbe Problem. Die Strophen mit Industrial-Hauch und der erneut klar gesungene Refrain erinnern einfach zu sehr an die neuste Platte der Architekten. Death Roll geht dafür wieder in härtere Regionen. Besonders der Breakdown lässt die Hardcore-Einflüsse von „Manic“ wiederholt durchscheinen und ein nettes Gitarrensolo gibt es als Bonus obendrauf. Trotzdem liegt der Track noch weit hinter Manic oder High Horse da er kein großes Alleinstellungsmerkmal besitzt wie etwa eine Rap-Part oder einen besonders eingängigen Riff.
Mit Slow Burn schaffen Wage War es endlich einen Song mit Klargesang zu schreiben der mir wirklich zusagt. Der Ohrwurm-Chorus wird im Pop Punk-Stil präsentiert und auch die Strophen erinnern eher an Stadionrock als an Metalcore aber in den Momenten in denen die Riffs und Growls durchbrechen, geht es dafür auch wirklich ab. Erneut verfeinert mit einer Prise Hardcore ist Slow Burn genau die Art von Song die wirklich unverwechselbar Wage War (und besonders dem Album „Manic“) zugeordnet werden kann.
Weiter geht es mit Never Say Goodbye – einer klassischen Feuerzeug-Stadion-Hymne. Die Art Song die man seinen normalsterblichen Freunden zeigen kann ohne dass diese direkt mit Phrasen wie: „das ist doch nur Geschrei“ um die Ecke kommen. Zum wiederholten Male nichts unglaublich Originelles, aber Hörbares.
True Colors kann auch in die Kategorie „Architects für Arme“ eingeordnet werden, hat aber mit einer schönen hohen Note des Sängers und dem wirklich guten Refrain ein paar mehr Pluspunkte bei mir eingeheimst als seine Vorgänger. Rausschmeißer If Tomorrow Never Comes gibt nochmal richtig Gas und geht nur für den melancholischen Refrain und die traumhafte Bridge etwas von Pedal. Der obligatorische Architects-Vergleich ist mit hier ehrlich gesagt komplett egal, denn auch wenn der Song förmlich nach den Engländern riecht, ist er doch ein wunderbarer Abschluss für „Manic“.
Haben Wage War nun endlich eine feste Identität gefunden? Ich denke es gibt gute Ansätze (die ersten vier Songs!), aber alles in allem sind die Amerikaner vor allem im Mittel- und hinteren Teil von „Manic“ lieber auf Nummer sicher gegangen.
Fazit: Mit „Manic“ ringen Wage War teilweise um Unabhängigkeit und versuchen ihren eigenen Stil zu finden, riskieren aber vergleichsweise wenig und bleiben vor allem im Mittelteil in gewohnten Gewässern. Besonders das erste Drittel des Albums überzeugt und ich hoffe diese Stilrichtung wird von den Jungs weiter verfolgt. Ansonsten: Wer auf Architects steht wird hier sicher ein paar nette Songs für sich finden.
Ich gebe „Manic“ 7 von 10 möglichen Bängs.
„Manic“ erscheint am 1. Oktober 2021 via Fearless Records/Spinefarm Records und ist als CD, LP und digitaler Download erhältlich.
Die Band:
Briton Bond – Gesang
Seth Blake – Gitarre
Cody Quistad – Gitarre
Chris Gaylord – Bass
Stephen Kluesener – Schlagzeug
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