Wo vielerorts am 30. April „Tanz in den Mai“-Veranstaltungen anstehen, steppte stattdessen im Colos-Saal mitten in der Innenstadt von Aschaffenburg mal wieder der Bär. Zum Abschluss ihrer „Dividing Lines“-Tour gastierte in dem alteingesessenen Musikclub eine meiner absoluten Prog Metal-Lieblingsbands, die Briten von THRESHOLD. Nach der bei Fans und der Presse allseits gefeierten Veröffentlichung des gleichnamigen und in meinen Augen besten Albums der Band sollte nun an diesem Abend das große Tourfinale stattfinden.
Das Interesse der Fans war groß und so war der Club am Sonntagabend sehr gut gefüllt, auch die Stimmung war mehr als würdig für den Tourabschluss.
Pünktlich um 19 Uhr eröffnete die junge spanische Prog Metal Band AFTER LAPSE den Abend. Die Band um den sympathischen Frontmann Rubén Miranda wurde erst 2018gegründet und durftebei einigen Shows der THRESHOLD-Tour ihr im September letzten Jahres bei Frontiers Records erschienenes Debutalbum „Face The Storm“
erstmals dem deutschen Publikum präsentieren. Musikalisch passen die Madrilenen mit ihrem melodischen Prog Metal sehr gut zum heutigen Headliner und so kann Rubén recht schnell das Publikum abholen. Trotz einiger sehr hoher Ausflüge ist seine Stimme sehr angenehm, sodass die Songs recht schnell im Ohr hängen bleiben und so erhält die Band auch ihren verdienten Applaus. Songs wie der Opener „Thrive“ oder „Where no One Cares“ können nicht nur auf Scheibe überzeugen, alles gute Musiker, bei denen besonders Gitarrist Jorge Escudero mit seinen virtuosen Riffs mitreisen kann. Für eine noch recht junge Band bieten AFTER LAPSE bereits mit ihrem Debut schon tolle anspruchsvolle Songs, die zwar proggig rüberkommen, nie jedoch überzogen verspielt ausfallen. Ab und an erinnern mich die Songs an Damnation Angels, ohne abgekupfert zu wirken.
Nach insgesamt 6 Songs beschließen AFTER LAPSE mit „More“ dann nach 35 Minuten ihren mehr als gelungenen Set. Sollten sich die fünf Spanier weiter so gut entwickeln, dürften wir sicherlich in Zukunft noch einiges von ihnen hören. Die Voraussetzungen sollten passen, musikalisch verstehen alle Bandmitglieder ihre Instrumente.
Nach kurzer Umbaupause enterten dann das schweizerisch/Italienische Band Virtual Symmetry die Bühne. Angeführt von Marco Pastorino (u.a. Temperance, Fallen Sanctuary), der heute ausschließlich am Mikrofon als Frontmann agierte, zeigten die Vier, wo im Süden der Alpen, der Hammer hängt. Mit fettem Drums und einem Grimassen schneidenden Gitarristen Valerio Æsir Villa wurde 45 Minuten gerockt, was das Zeug hält. Auch wenn die Songs von Virtual Symmetry etwas verzwackter wirkten als bei After Lapse und nicht ganz so flüssig runter gehen, kann man als Progfan seinen Spaß an der Muke haben. Marco macht dabei auch am Micro insgesamt eine gute Figur, auch wenn er ab und an etwas kreischig wird, kann er insgesamt stimmlich überzeugen.
Neben zwei Songs vom Vorgängeralbum „Exoverse“ konzentriert sich die Setlist auf das aktuelle gleichnamige Album der Band vom letzten Jahr. Mit „The Paradise fo Lies“ kommt gleich zu Beginn der beste Song des Auftritts, schön melodisch, mit Progelementen nicht überfrachtet, gelingt der Einstieg. Leider überzeugen mich die anderen Songs nicht völlig, fehlt mir etwas der rote Faden in den Songs. Besonders hervorzuheben ist das mit italienisch versehenem Refrain „Fantasie di verità“, das etwas exotisch klingt. Live etwas mehr im Hintergrund bleiben die Keyboard von Mark Bravi, die im Studio dominierter klingen. Live lebt der Sound von den Drums von Alfonso Mocerino und natürlich den verspielten Riffs von Valerio.
Da ich mit den Songs von Virtual Symmetry bislang nicht vertraut war und mich die Songs jetzt nicht gerade mitgerissen haben, würde ich den Gig als insgesamt durchschnittlicher Auftritt, ohne Höhen und Tiefen beschreiben.
Gegen kurz vor 21 Uhr startete dann endlich der ersehnte Auftritt einer meiner absoluten Faves im Bereich des Prog Metals. THRESHOLD begleite und bewundere ich schon seit ihrem Debüt „Wounded Land“, damals noch mit Damian Wilson am Micro, das in diesem Jahr auch schon den 30. Geburtstag feiert. Mit wenigen Ausnahmen kann man den Briten um Bandgründer und Gitarristen Karl Grom sowie dem seit dem Debut an den Keyboards stehenden Richard West fast nur überdurchschnittliche Veröffentlichungen attestieren, die jedoch meist unter dem Radar der breiten Masse blieben.
Doch mit dem aktuellen Album „Dividing Lines“ könnte nun endlich die Aufmerksamkeit eines größeren Publikums geweckt werden, stellt das neue Album doch in meinen Augen alles bislang Dagewesene der Band nochmals mit Leichtigkeit in den Schatten.
Glücklicherweise haben THRESHOLD wohl meinen inneren Wunsch gehört, und spielen vom neuen Album an diesem Abend ganze 7 der 10 durchweg geilen Tracks auch live. Gleich mit dem Eröffnungstrack „Haunted“ fällt auf, dass die Riffs Live um einiges härter als im Studio klingen und so wird man förmlich weggeblasen von den harten Gitarren, dazu noch die wuchtigen Drums vom „Man in Black“ Johanne James, der wie immer mit Kopfhörer ausgestattet hinter seiner Schießbude abgeht wie „Schmitts Katze“ und dem ein oder anderen Drumstick zeigt, wo der Hammer hängt. Die Fans freuts, werden die Drumsticküberbleibsel doch im Nachgang im Publikum verteilt.
Wie nur wenige Bands schaffen es THRESHOLD proggig-metallische Kost mit solch unglaulichen Melodien und Refrains zu verpacken, die sofort im Ohr hängen bleiben. Dazwischen dann immer die phenomenalen Riffs von Karl, der für mich zu einem der unterbewertetsten Gitarristen gehört.
Das wird auch beim folgenden „The Domino Effect“ gleich wieder deutlich. Einer der Highlights des aktuellen Albums und auch des heutigen Auftritts. Er vereint wie eine Blaupause alles was THRESHOLD ausmacht. Trotz einer Länge von 11 Minuten Spielzeit beinhaltet der Song so viel Abwechslung und Dynamik, das Gänsehaut vorprogrammiert ist. Sänger Glynn Morgan zeigt hier sehr eindrucksvoll seine vielfältige Stimme, zu Beginn zärtlich und weich, dann dynamisch ansteigend bis zum gigantischen Refrain. Der Break im Mittelteil bremst dann gekonnt das Tempo auf Balladenniveau, ehe dann das geile Solo von Karl Grom wieder langsam an Tempo zunimmt. Was für ein Gefühl dieser Mann in den Fingern hat, einfach zum niederknien. Im zweiten Teil des Songs steigt dann Richard West mit den Keys ein und es entwickelt sich ein Duell der beiden, ehe es nach einem erneuten Break dann zurück zum eigentlichen Songgerüst geht und erneut der grandiose Refrain übernimmt. Hier steigen auch die Fans gesangstechnisch kräftig ein und alles endet in tosendem Applaus – einfach genial.
Bevor mit „Let it Burn“ ein weiterer neuer Song präsentiert wird, gibt’s „Slipstream“ vom „Dead Reckoning“-Album, bei dem Richard die auf Scheibe gesungenen Growls von Dan Swanö übernimmt.
Leider ist der Sound an diesem Abend bei THRESHOLD eine Spur zu laut, so dass teilweise die Details durch die übermäßige Lautstärke etwas untergehen. Hier wäre weniger etwas mehr gewesen, denn mit fortlaufendem Gig sah man immer wieder Zuschauer, die sich mal die Ohren wegen zu hoher Dezibelwerte zuhielten. Glücklich durfte sich schätzen, wer Oropax dabei hatte.
Doch das sollte der guten Stimmung keinen Abbruch tun, den THRESHOLD schmetterten einen geilen Song nach dem anderen raus. Ob nun die Songs vom Vorgängeralbum „Legends of the Shires“, die „Subsurface“-Klassiker „Mission Profile“ oder „Pressure“, Glynn begeisterte mit seiner Stimme auch bei den Songs vom verstorbenen Andrew „Mac“ McDermott auf ganzer Linie. Ab und an greift er auch zur Gitarre, um Karl an den sechs Saiten zu unterstützen.
Rein optisch ist der Auftritt recht unspektakulär, nur ein dezentes Backdrop mit dem T-Bandlogo, sonst rein gar nichts auf der Bühne, vom Schlagzeug und den Keyboards abgesehen. An diesem Abend regiert ausschließlich die Musik, optischer Firlefanz haben THRESHOLD auch gar nicht nötig und wäre wohl fehl am Platz.
Weiter geht’s im Wechsel zwischen „Legends of The Shire“ und „Dividing Lines“ hin und her. Glynn merkt man deutlich an, dass er aufgrund der begeisternden Zuschauerreaktionen sehr angetan ist, er sucht immer wieder den Kontakt zu den Fans. Bassist Steve Anderson dagegen ist eher der ruhende Pol in der Band, der nur ab und an mal auf die Seite von Karl wechselt, um zusammen zu performen, posen wäre hier etwas übertrieben.
Mit „Lost in Translation“ und seinem Pink Floyd-artigen Sound wird dann der reguläre Set beendet, doch es gibt ja glücklicherweise für die begeisterten Fans noch die Zugabe in Form eines bockstarken Doppels aus den beiden Hammersongs „King of Nothing“ und „Small Dark Lines“, die beide nochmals zur härteren Fraktion gehören. Die Zuschauer rasten hier fast aus und auch die Metalheads unter den Besuchern haben hier beim Headbangen ihre Freude.
Leider ist dann nach 105 Minuten wirklich schon das Ende des Auftritts erreicht und die Fans verabschieden THRESHOLD mit tosendem Applaus. Natürlich folgt noch das obligatorische Bühnenfoto, bevor Johanne seine Sticks im Publikum verteilt und Richard Setlists austeilt, die natürlich gleich auf der Bühne unterschrieben werden.
Was ein Auftritt der Prog-Götter aus Großbritannien. Unverständlich, dass THRESHOLD noch immer eher als Insiderband agieren. Eine solch perfekte Mischung aus komplexer Songs mit unwahrscheinlich viel Hitpotential gibt es nicht oft. Alle Anwesenden dürften trotz des der Musik leider nicht ganz würdigen Sounds zufrieden ihren Tanz in den Mai abgeschlossen haben. Beim nächsten Mal bin ich sicherlich wieder am Start, hoffentlich nicht wieder erst in 6 Jahren.
THRESHOLD sind:
Glynn Morgan – vocals
Karl Groom -guitar
Richard West – keyboards
Johanne James – drums
Steve Anderson – bass
THRESHOLD Online :
VIRTUAL SYMMETRY sind:
Marco Pastorino – Vocals
Valerio Æsir Villa – Guitar
Mark Bravi – Keyborads
Alessandro Poppale – Bass
Alfonso Mocerino – Drums
VIRTUAL SYMMETRY Online
AFER LAPSE sind:
Rubén Miranda – Vocals
Jorge Escudero – Guitars
Pablo Sancha – Keyboards, Backing Vocals
Javier Palacios – Bass
Roberto Cappa – Drums