Die ersten beiden Tesla Alben „Mechanical Resonace“ (1986) und „The Great Radio Controversy“ (1989) haben mit ihrem erdigen Heavy-Blues-Rock deutliche Spuren hinterlassen, als der Hair Metal und Grunge die Musiklandschaft prägten. Mit ihrem „Five Man Acoustical Jam“ (1990) Album haben sie quasi nebenbei auch die Unplugged Welle ins Leben gerufen. In den nachfolgenden Jahren waren Tesla eine verlässliche Größe auf dem amerikanischen Hardrock-Markt. Nach gut 35 Jahren im Geschäft haben Tesla sich entschlossen, einen neue Weg zu beschreiten und mit ihrem langjährigen Freund und Weggefährten, dem Def Leppard Gitarristen Phil Collen, einen Produzenten ins Boot geholt, der maßgeblich am Songwriting beteiligt ist. Dabei wurde das Klangbild der Band aus Sacramento deutlich glattgebügelt und Richtung Def Leppard’scher Perfektion getrimmt.
Schon die ersten Töne von „You Won’t Take Me Alive“ kommen mit ordentlicher Def Leppard Schlagseite und auch das Gitarrenriff zu „Taste Like“ verrät die übermächtige Handschrift von Phil Collen und lässt nichts mehr von der bluesigen Genetik der Marke „Cummin‘ Atcha Live“ oder „Modern Day Cowboy“ des erfolgreichen Debütalbums übrig. Wenn die Songs nicht nach dem Sheffield Fünfer tönen, müssen Aerosmith Schnulzen als Schablone für die mit Streichern oder Piano überzuckerten Schmachtfetzen „We Can Rule The World“ oder „Forever Loving You“ herhalten. Den Tiefpunkt aber bilden das Titelstück „Shock“, der Schlusstrack „Comfort Zone“, die nur aus der Def Leppard Resterampe stammen können, und die seichte Radioanbiederung „California Summer Song“. Lediglich Jeff Keith’s erstklassige Performance als Sänger, heben Stücke wie „Afterlife“ oder „I Want Everything“ aus der Mittelmäßigkeit. Wie es besser geht, zeigen das coole „The Mission“,wo Gitarrist Frank Hannon seine Gitarre mal loslassen kann, und der Rocker „Tied To Tracks“, der tatsächlich mal nach Tesla klingt und ordentlich Dampf macht.
Hoffen das Gespann Tesla/Collin ein zweites „Hysteria“ – Def Leppard, oder „Pump“ – Aerosmith erzwingen zu können, indem sie sich von ihrem Produzenten eine Maske überstülpen lassen? Das wage ich doch zu bezweifeln. Das funktionierte zwar bei Metallica’s Schwarzem Album, aber da wurde zum Unterschied etwas Neues kreiert und nicht der Sound einer anderen Band kopiert. Also zurück zur Kernfrage – Experimemt gelungen? Ich denke nicht, dass Erfolg am Reißbrett kalkulierbar ist. Für mich als Fan der ersten Stunde insgesgesamt ein enttäuschendes Ergebnis, für das ich nicht mehr als 6/10 Bängs vergeben mag.
Veröffentlicht wird „Shock“ am 08.März 2019 über Universal Music