Stecken in keiner Schublade – Interview mit Ron Hübner von den Broilers

Ich durfte einem gutgelaunten und lockeren Ron (Gitarre) von den Broilers ein paar Fragen stellen. Und hab sogar Antworten darauf bekommen, man lese und staune!

Christian (RM): Erst mal Glückwunsch zur wiederholten Poleposition in den Charts mit Puro Amor. Ist auch verdient damit, klasse Album. Feiert ihr das eigentlich noch oder schleicht sich da inzwischen ein Gewöhnungseffekt ein?

Ron (Broilers): Vielen Dank. In erster Linie feiern wir das Album, das Release. Es ist trotzdem was Besonderes, wenn man auf Platz Eins chartet. Es zeigt einem, dasS die Leute unsere Sachen kaufen und das man doch jemanden bewegt mit unserer Musik. Nein, wir freuen uns nach wie vor. Die Feierlichkeiten dazu sehen halt momentan etwas anders aus, das artet dann in langen Zoommeetings aus, bei denen man sich auch das ein oder andere Getränk genehmigt.

Christian (RM): Habt ihr -was das angeht- dann auch bei den Aufnahmen zur neuen Platte etwas anders machen müssen, im Gegensatz zu den Alben davor?

Ron (Broilers): Wir haben Ende 2018 das letzte Konzert gespielt und hatten uns 2019 frei gehalten, um Lieder zu schreiben und ins Studio zu gehen, damit wir 2020 wieder Vollgas geben können. Da ist aber dann dieser Virus dazwischengekommen, so dass wir uns Zeit lassen konnten mit den neuen Songs. Ein Teil war zwar schon geschrieben und aufgenommen, dann dauerte es erstmal. Wir wussten ja auch nichts mit dieser Situation anzufangen. Es wusste niemand, wie es weitergeht und wann. Es hat halt ein wenig gedauert, bis das Rad wieder zum Laufen kam. Anfangs sind wir dann auch erstmal in kleinen Gruppen ins Studio gegangen. Haben uns dann auch Tests geholt, damit wir wenigstens zusammen proben können. Wir wollten das so sicher wie möglich über die Bühne bringen können, und hat ja dann auch einigermaßen geklappt. Trotz der widrigen Umstände sind wir doch recht zufrieden damit.

Christian (RM): Euch scheinen die guten Ideen nicht so schnell auszugehen, woher kommen Eure Inspirationen?

Ron (Broilers): Der große Schreiber ist ja bei uns der Sammy (Amara – Gitarre und Gesang), der eigentlich alles schreibt. Die Textideen holt er natürlich aus dem Leben raus. Er schreibt vieles nieder, was ihn gerade bewegt, ob es aus dem privaten Bereich ist, oder er in der Politik mitkriegt, was ihn gerade ankotzt oder er im Moment besonders schön findet. Das war am Anfang der Pandemie dann schon schwierig, weil man gar nicht raus konnte. Mit dem Lockdown hing man ja in seinen eigenen vier Wänden ab, und aus den Serien und den ganzen Streamingdiensten holt man doch nicht so viel Inspirationen raus, wie es draußen auf der Straße, beim Spazierengehen, wo man sich die ganzen Menschen anschaut, so der Fall wäre. Das war dann schon schwierig für ihn. Er hat halt, ich nenne es so eine Art Ideenbüchlein und wenn er was sieht, etwas bemerkt, dann fängt er an darin zu schreiben und hat da noch genug Ideen gehabt. Und auch für die Zukunft ist darin noch genug Material enthalten, das er zu einem Lied umbauen will. Da liegt bestimmt noch einiges, was geschrieben wird.

Christian (RM): Du hast schon angesprochen, dass den Hauptteil des Komponierens bei Euch Sammy macht. Aber wie weit ist der Rest der Band darin involviert, oder läuft das eher wie in einer Diktatur?

Ron (Broilers):(lacht) Ne, Diktatur würd ich das nicht nennen. Sammy ist auf jeden Fall der kreative Kopf, der die Texte schreibt, die Musik, die Melodien dazu. Wir gehen dann ins Studio, machen ein Demo dazu. Wir sind eine Demokratie, wir sind fünf Freunde, wo jeder das gleiche Stimmrecht hat. Wenn einem von uns etwas total dagegen gehen würde, wird das auch gesagt und darüber diskutiert. Sammy nimmt daheim ein Demo auf, in seinem kleinen Kämmerchen, und ob oder wie wir das als Band umsetzen ist wieder eine andere Geschichte. Das klingt dann teilweise ganz anders, als er sich das gedacht hat, wo er auch manchmal nicht ganz so glücklich ist. Aber am Ende wird so lange daran rumgeschraubt, dass es von allen Seiten passt und das es jeder gut findet. Für das Schreiben der Lieder, der Texte hat er halt ein gutes Händchen, der Sammy.

Christian (RM): Was glaubt Du, was Euch eigentlich ausmacht? Woher Euer immer noch nach oben gehender Erfolg entspringt?

Ron (Broilers): Gute Frage, die wir uns auch irgendwie selber stellen. Ich glaube es liegt daran, weil wir ständig am Ball geblieben sind. Wir sind jetzt schon so lange dabei. Die Band gibt es seit ´94, wir sind immer da gewesen. Ein Pluspunkt ist sicher auch die stetige Entwicklung, das kein Album klingt wie das andere. Wir haben uns nie in eine Schublade stecken lassen, Sachen ausprobiert und gemacht, und ich glaube, die Experimentierfreude lässt dann auch Platz offen für neue Fans, die noch dazukommen. Natürlich gehen dann auch einige, aber selbst von den hartgesottenen und „älteren“ Leuten, die uns schon früher gehört haben, sind noch genug da. Finden uns natürlich als Menschen super, sagen die Musik ist nicht mehr ganz ihre, aber finden es gut, was wir für einen Weg beschritten haben und gönnen uns, dass es stetig aufwärts geht. Es freut uns einfach, dass wir so viele Menschen erreichen. Aber es gibt keine Erfolgsformel. Einfach am Ball bleiben, nichts übers Knie brechen, machen worauf man Bock hat und entweder passt es dann oder auch nicht!

Christian (RM): Das bringt mich jetzt auch auf eine der Fragen, die euch sicherlich am häufigsten gestellt wird, nämlich zu euren Vorbildern. Da liest man ja häufig von den Toten Hosen, aber wie sieht es da persönlich bei Dir aus? Vielleicht einen Gitarrist, der Dich beeinflusst?

Ron (Broilers): Die Toten Hosen sind ja auch aus Düsseldorf, die haben uns natürlich stark beeinflusst, vor allem in jungen Jahren, und auch über die Jahre hinweg. Ich hab natürlich auch so manchen Gitarristen als Vorbild, nicht unbedingt des Spielens wegen. Ich sag mal mein Lieblingsgitarrist ist Brian May von Queen. Das ist auch meine absolute Lieblingsband, aber an das Können werde ich niemals herankommen, was der so zaubert. Ansonsten hat man so Vorbilder wie The Clash, was man auch häufiger hört in unserem Kosmos. Bei mir ist es dann noch Rancid, aus dem amerikanischen, da war einfach der Style, der mich so Anfang/Mitte der Neunziger geprägt hat, und mich nochmal einen Schritt weiter Richtung Punkmusik hat gehen lassen. Über die Jahre hinweg sind dann immer mehr Inspirationsquellen dazu gekommen, aber jetzt nicht so das ich sagen würde, ich möchte unbedingt wie Gitarrist XY klingen!  

Christian (RM): Musstest Du Dich schon mal der Frage Familie oder Musik stellen?

Ron (Broilers): Die muss sich glaube ich jeder mal stellen, aber ich denke man kann das auch ganz gut miteinander verbinden. Es muss einfach in der Familie passen, die Zeit muss passen. Es ist immer schwierig, wenn man lange auf Tour und ständig unterwegs ist. Da haben wir das große Plus, dass wir im deutschsprachigen Raum unterwegs sind. Der ist mit Deutschland, Österreich und der Schweiz schnell bereist und man ist auch schnell wieder Zuhause. Das hat bei mir dann auch immer gepasst.

Christian (RM): Ihr schielt jetzt auch nicht ins Ausland, wie jetzt z.B. In Extremo, die viel in Russland unterwegs sind, oder auch Rammstein, die die ganze Welt bereisen?

Ron (Broilers): Ich sag mal, das wäre natürlich schon mal schön. Wurden ja auch schon von Flogging Molly eingeladen, in den USA zu spielen, was echt Spaß gemacht hat und für uns eher eine Art Urlaubsreise war. Wenn es sich mal ergibt, hätten wir auf jeden Fall Spaß daran. Ich persönlich hätte Bock auf Australien, Japan, oder irgendwie sowas zu machen. Da ist dann immer die Frage, wie sehen es die anderen der Band, wir haben teilweiße große Flugängste mit an Bord, da muss man dann schon schauen, ob alle mitziehen würden. Ob es da nicht heißt, mir würde es reichen wenn wir statt Japan nach Spanien oder Frankreich gehen.

Christian (RM): Gäbe es einen bestimmten Ort oder ein Stadion, in dem Du unbedingt mal auftreten wollen würdest?

Ron (Broilers): Wir hätten uns im letzten und diesem Jahr Mega auf die ganzen Open Air Sachen gefreut, die wir hätten spielen sollen. Die sind ja leider wieder verlegt worden auf das nächste Jahr. Die man aber unbedingt spielen will, weil es schon unfassbar ist, welche Resonanz wir darauf bekommen haben und welche Größenordnung das jetzt schon angenommen hat, was wir uns so nicht erhofft hätten. Man könnte jetzt schon so Sachen sagen wie Madison Square Garden oder so, aber da hab ich jetzt nicht so die großen Ambitionen dazu.

Zum Erscheinen des Interviews mussten die Termine der Open Airs auch schon wieder von 2021 auf 2022 verschoben werden.

Christian (RM): Wie sehr fehlt euch das Livepuplikum eigentlich in der jetzigen Situation?

Ron (Broilers): Das ist das, was am Meisten fehlt. Letztes Jahr sind ja die ganzen Sachen ausgefallen. Im Normalfall ist es ja auch so, dass man zu anderen Konzerten hinschielt, wenn mal was ausfällt. Man kann dann irgendwo anders hingehen, aber das ist ja komplett weggefallen. Wir haben jetzt das Konzert auf YouTube gehabt, was total komisch war. Es war zwar schön, wieder mal auf einer Bühne zu stehen, Musik zu machen, abzugehen. Aber es fehlt die Resonanz aus dem Publikum. Man fühlt sich da schon komisch, wenn man nur die Kameras vor sich stehen hat, mit denen man interagieren soll. Das ist nicht das Gleiche. Das ist mal schön, um den Leuten was zurückzugeben, die zu den Konzerten gehen würden, es hat uns auch tierisch Spaß gemacht. Aber es fehlen die nackten, schwitzigen Oberkörper, es fehlt das Gegröhle. Selbst, wenn man die In Ears drin hat, hört man die Leute. Es fehlt halt einfach alles.

Christian (RM): Es scheint ja momentan En Vogue zu sein, dass man als Band seine eigene Alkoholmarke auf den Markt bringt. Slipknot haben einen Whisky, Hammerfall gar einen Champagner und ihr jetzt einen Gin (namens 41 RPM). Haben wir da noch mehr in der Richtung von den Broilers zu erwarten?

Ron (Broilers): Moment, Werbeblog: Wo hab ich die Flasche stehen? (lacht) Nein, in Planung haben wir da nichts weiter. Der Gin ist ein langgehegter Traum, wir trinken den gern und er gehört zum Ritual, bevor wir auf die Bühne gehen. Wir mixen uns einen Gin Tonic, stoßen an und dann geht es gleich los. Es hat ansonsten kein Getränk einen solchen Kultstatus innerhalb der Band. Hinzubkam, dass eine unserer Lieblingsbrauereien in Düsseldorf das mit uns gemacht hat, weil die auch eine Destillerie haben. Da war es für uns schon klar, dass wir uns da durch probieren. Es hat dann auch zwei/drei Jahre gedauert, bis es so war, wie wir es haben wollten, vom ersten Probieren bis zum Abfüllen der Flaschen. Ja, da sind wir genauso stolz drauf wie auf die neue Platte.

Christian (RM): Das hab ich gesehen bei eurer Küchenparty zur Veröffentlichung von Puro Amor, da war die Flasche schon auch oft im Bild zu sehen!

Ron (Broilers): Ähhh, man muss ja, ähhh, so ein bisschen, ähhh, ja, kleine Werbung machen (lacht). Man muss auch dazu sagen, dass es eine hausgemachte Spirituose ist. Viele andere knallen einfach ihr Label drauf, und haben dann einen Absolut (Vodka) drunter, oder keine Ahnung was. Da war es uns wichtig, dass wir das mit „unserer“ Hausbrauerei zusammen in Angriff nehmen konnten.

Christian (RM): Dann sind wir auch schon fast am Ende. Eine meiner Lieblingsfragen, die ich gerne stelle wäre: Welche Frage würdest Du in zehn Jahren gerne gestellt bekommen?

Ron (Broilers): Boah, erst mal möchte ich in zehn Jahren noch so weiter machen wie bisher. Das ist eine gute Frage, die ich aber so nicht beantworten kann. Ich geh jetzt mal davon aus, dass wir in zehn Jahren noch aktiv sind, da wäre es: Was hat euch so lange durchhalten lassen? Und wie schafft ihr es, auf der Bühne noch so energetisch aufzutreten, wie vor 10/20 Jahren? Ich fände es gut, wenn wir dann noch zusammen als Band unterwegs wären, immer noch den Spaß zusammen hätten wie jetzt und die Leute Bock auf die Broilers hätten.

Christian (RM): Hättest Du dann noch ein Schlusswort an die Fans da draußen?

Ron (Broilers): Danke an alle, die uns supporten, die zu diesen Zeiten auch das Album kaufen, die uns mit Merchandise Käufen unterstützen, die warten, dass es weitergeht. Ich bin richtig froh, dass wenig Ticketrückläufe da sind. Das zeigt auch, dass die Leute heiß und am Start sind, wenn es endlich wieder los geht mit Konzerte und Veranstaltungen. Und das bedeutet uns superviel, wir sind dann auch wieder am Start und wollen Keinen enttäuschen. Hoffen einfach auf das Beste, man kann natürlich auch sagen Alles wird wieder OK!

Christian (RM): Vielen Dank für die informativen Antworten und das tolle Gespräch, und vor allem: Weiterhin viel Erfolg!

https://www.broilers.de/

By Christian B

Ich höre alles von traditionellem Heavy Metal, Black, Death, Trash, Folk. Power über Punkrock und was es sonst noch so alles gibt, gut muss es halt sein. Bei was es mir allerdings die Zehennägel aufstellt ist langweiliger Prog wie in Dream Theater, Queensrÿche, Opeth und co. zelebrieren. Da schlafe ich schlichtweg ein.

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