Genre(s): Hard Rock, Sleaze Rock, Blues Rock
VÖ: 10.02.2022
Mehr als drei Jahre nach dem letzten gemeinsamen Album „Living The Dream“ ist es also mal wieder so weit. Der virtuose Gitarrist mit dem Zylinder und seine Mitverschwörer, allen voran Alter Bridge-Sänger Myles Kennedy, beehren uns mit einer neuen Scheibe.
Das Slash auf seinem vierten Solo-Langspieler in dieser Konstellation, schlicht „4“ getauft, das Rad nicht neu erfindet, war von vornherein klar. Man kriegt im Grunde den gewohnt dreckigen Hard Rock/Sleaze Rock geboten, den Guns N‘ Roses vor mehr als dreißig Jahren auf „Appetite For Destruction“ perfektioniert haben.
Stellt sich also die Frage nach der Qualität. „Apocalyptic Love“ (2012) und „World On Fire“ (2014) waren gute bis sehr gute Alben. „Living The Dream“ (2018) hingegen zeigte jedoch ein paar Abnutzungserscheinungen.
Ist „4“ also diesmal wieder ein zufriedenstellendes Album geworden?
Der erste Song The River is Rising, zugleich die erste Single, beginnt mit einem für Slash-Verhältnisse ungewöhnlich wuchtigen Riff, was man sonst eher von Alter Bridge erwartet hätte. Ein vielversprechender Anfang, auch wenn das sicherlich noch besser geht.
Und genau dieses Gefühl begleitet einen über das komplette Album hinweg. Man wartet vergeblich auf einen Hit, der aber nicht kommen will.
Whatever Gets You By klingt ganz klar nach Slash, doch richtig aus der Masse abheben kann es sich auch nicht.
C’est La Vie beginnt mit einem interessanten Talk Box-Intro, doch die Spannung legt sich spätestens im Refrain. Das hat man alles schon überzeugender von den Jungs gehört.
Zwei Tracks weiter wartet „4“ dann mit seinem ersten Schock-Moment auf: Irgendwo hat Slash eine elektrische Sitar aufgegabelt.
Ein absolut schreckliches und kllischeehaftes Riff ertönt in Spirit Love, das einem regelrecht auf die Nerven geht. Die ganze Nummer ist ein Desaster. Selbst Myles Kennedy mit seiner gottgleichen Stimme kann hier nicht mehr viel ausrichten. Merke: Bei den Aufnahmen zum nächsten Album alle Sitars verstecken.
Leider wird es auch erstmal nicht besser. Mein erster Gedanke, als ich Fill My World gehört habe, war: „Hat er da wirklich sein Riff von Sweet Child O‘ Mine in einer anderen Tonart gespielt? Wie frech ist das denn?“
Zugegeben kann der heilige Myles, der den Song seinem Hund widmet, zwar noch etwas Boden gut machen, aber besser wird diese Schunkelnummer am Ende kaum.

Umso erleichterter stelle ich dann mit April Fool und Call Off The Dogs fest, dass Slash es doch noch kann. Gerade letzteres ist ein richtig geiler Uptempo-Song mit Ohrwurm-Refrain. Basser Todd Kerns legt sich hier mächtig ins Zeug und schreddert sich die Seele aus dem Leib. Lemmy wäre stolz.
Doch der kurze Höhenflug findet mit dem letzten Song von „4“ ein jähes Ende: Fall Back To Earth, ein balladeskes Herzschmerz-Schmankerl, das keines ist. Das plumpe Haupt-Riff wäre vielleicht für jemanden wie mich mit seinen sehr bescheidenen Gitarren-Skills eine großartige Leistung gewesen, aber von einem der besten Gitarristen unserer Zeit erwartet man dann doch etwas mehr. Wer von Slash und seiner Truppe was zum dahinschmachten haben will, ist mit Songs wie Far And Away und Not For Me besser dran.
Fazit: Auf 45 Minuten verteilt tummeln sich zwei bis drei gute Songs, viel Durchschnitt und zwei bis drei Lieder die man lieber skippen sollte. Das ist am Ende leider zu wenig und macht nach den eher halbgaren Singles aus dem Vorjahr auch nicht gerade Appetit auf ein neues Album Guns N‘ Roses-Album. Hoffen wir einfach, dass Slash sich die guten Riffs für seine Hauptband aufbewahrt hat. Von mir gibt es für „4“ sechseinhalb von zehn Bangs.

„4“ erschien am 11.02.2022 via Gibson Records und ist als CD, Vinyl, zum Download, sowie auf den üblichen Streamingplattformen erhältlich.
Bandmitglieder:
Slash – Leadgitarre
Myles Kennedy – Gesang
Frank Sidoris – Rhythmusgitarre
Todd Kerns – Bass, Hintergrundgesang
Brent Fitz – Schlagzeug
Tracklist:
1. The River is Rising (3:42)
2. Whatever Gets You By (3:40)
3. C’est La Vie (4:38)
4. The Path Less Followed (3:40)
5. Action Speak Much Louder Than Words (4:02)
6. Spirit Love (4:15)
7. Fill My World (5:28)
8. April Fool (4:33)
9. Call Off The Dogs (3:16)
10. Fall Back to the Earth (6:23)
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