Abschiedstour, bei dem Begriff bin ich inzwischen etwas skeptisch, da fallen mir spontan die Scorpions ein, die seit gefühlten 10 Jahren schon ihre Abschiedstour veranstalten. Auch Mötley Crüe hatten schon mal ein Final-Tour gemacht und auch die Schweizer Rocker von Krokus hatten vor ein paar Jährchen ihren angeblich „letzten“ Auftritt in Zürich, und spielten doch in diesem Jahr ganz munter u.a. einen tollen Gig beim G.M.M in Belgien. Die Liste kann sicherlich noch um einige namhafte Kandidaten erweitert werden, denn das Wort „Abschied“ ist ja auch ein gutes Zugpferd um die Ticketverkäufe anzukurbeln und die Preisschraube bei den Ticketpreisen nochmals anzuziehen. Nicht dass ich mich nicht freue, dass einige der großen Bands noch keinen Bock auf ein Rentnerdasein haben, aber die Abschiedstouren sind in den letzten Jahren schon inflationär gewesen und der angekündigte Abschied von der großen Bühne ist oftmals im Anschluss wie eine Seifenblase geplatzt. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt!
Da scheint es mir im Vergleich zu den genannten Bands bei der gerade stattfindenden Abschiedstour der US-Metalband Q5 doch sehr viel realistischer, dass die kleine Club-Tour in diesem Jahr tatsächlich als Verabschiedung von ihren treuesten Fans in Europa gesehen werden kann und der Gig am letzten Samstag tatsächlich wie angekündigt der letzte Auftritt in Deutschland war, denn laut Frontmann Jonathan Scott K. wird das Kapitel Livekonzerte in Europa damit endgültig geschlossen werden.
Q5 gehört schließlich auch nicht zu den großen Megasellern, die Million von Fans und Follower haben und auch von großen Verkaufszahlen können die Amis weiterhin nur träumen. Leider machte sich die Band auch tourmäßig in Europa in der Vergangenheit sehr rar und so war der erste Auftritt 2018 an gleicher Stelle im Soundcheck One schon eine echte Sensation. Leider gibt es wohl in Reihen der Musiker auch keine großen Ambitionen für weitere ausgedehnte Touren in Europa, ist doch damit nicht unbedingt das große Geld zu verdienen, denn den Bandname Q5 dürften vermutlich wohl nur die wenigsten Metalheads kennen oder auf dem Schirm haben. Und so fristeten die US-Boys seit ihren beiden Alben „Steel the Light“ und „When the Mirror Cracks“ Mitte der 80er eine typische Undergroundkarriere, die nur den Hardcorefans das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Nach Ihrer Auflösung im Jahr 1989 und einer langen Studiopause von 30 Jahren versuchte die Band aus Seattle mit dem Drittwerk „New World Order“ 2016 einen Neuanfang, der jedoch auch nur bei Insidern und den älteren Anhängern der Band für Aufmerksamkeit sorgte.

Nun 7 Jahre später erinnerte sich Jonathan Scott K., Frontmann und einziges verbliebenes Gründungsmitglied, an den gefeierten ersten Auftritt in Waldbronn im Jahr 2018 und fragte erneut beim Soundcheck One an, ob sie auch 2025 im Rahmen der geplanten Abschiedstour wieder hier auftreten können. Da konnten die drei Beselt-Brüder Roman, Wayne und Hubert natürlich nicht nein sagen, schließlich haben die 3 Vollblutmusiker mit Ihrer Band SONS OF SOUNDS im Soundcheck One ihre Base und betrieben den Club mit ihrem Verein hauptverantwortlich. So ließ man sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen, die Location für den letzten Q5-Auftritt in Deutschland zu stellen. Erfreulicherweise war auch das Interesse der Fans ausgesprochen gut und so durfte man schon im Vorfeld „Sold Out“ verkünden.
Es war also alles angerichtet für die große Abschiedsparty und so konnte man am vergangenen Samstag 150 gut gelaunte und erwartungsvolle Metalfans vor allem älteren Semesters begrüßen, die einen würdigen Rahmen für den letzten Gig von Q5 in Good Old Gerrmany bereiteten. Wie immer konnte das Soundcheck One (der Name des Clubs verspricht definitiv nicht zu viel) mit einen tollen Sound und einer guten Bühnenbeleuchtung punkten und bot somit beste Voraussetzungen für den Gig der sympathischen US-Rocker auf der kleinen aber feinen Bühne.
Als Support hatte man die deutsche Band Skull & Crossbones eingeladen, die den Abend mit Powermetal deutscher Prägung eröffneten. Die 2019 gegründete Band aus Gerstetten besteht aus den ehemaligen STORMWITCH-Mitgliedern Volker Schmietow (g.), Tobi Kipp (g.) und Jürgen “Wanschi” Wannenwetsch (b.). Komplettiert wird das Quintett von Sänger Tobi Hübner sowie Bernd Heining (dr.). Neben Songs aus ihrem bisher einzigen Album „Sungazer“ wurden auch die ersten neuen Songs des Nachfolgewerkes „Time“ präsentiert, das am 14. November veröffentlicht wird.


Den neueren Songs merkt man eine deutliche musikalische Entwicklung und eine Steigerung beim Songwriting an. Dank der gelungenen Melodien kommen vor allem die neuen Songs wie „Labyrint of Time“ und „Echoes of Eternity“ gut beim Publikum an. Neben Sänger Tobi konnte vor allem Drummer Bernd Henning überzeugen, der mit seinem wuchtigen Drumming einen ordentlichen Soundteppich ausrollte. Auch wenn anfangs nicht jeder Song das Waldbronner Publikum mitreißen konnte, entwickelte sich der Gig zum Ende hin nach anfänglich zurückhaltenden Reaktionen noch zu einem gelungenen Auftritt, der dann auch den Funken überspringen lies und der Lust auf das neue Album macht.

Nach kurzer Umbaupause starten dann Q5 ihren ca. 90-minütigen Gig mit dem Nightshade-Song „Last Train Home“, der passend den Abschiedscharakter der Tour verdeutlicht. Der Opener sollte nicht der einzige Song der Nachfolgeband von Q5 sein, folgten mit „Dead Of The Night“ und dem schnellen „Surrender“ im Verlauf des Gigs noch zwei weitere Titel von Nightshade. Der Schwerpunkt der Setlist lag jedoch auf den Songs der Debutscheibe „Missing in Action“, die fast komplett gespielt wurde. Leider wurde das deutlich melodischere „When the Mirror Cracks“-Album etwas überraschend nur mit 2 Songs gewürdigt, Songs wie „Never Gonna Love Again“ oder „In The Rain“ fehlten leider. Dem Zweitling blieb damals wie so manchem anderen heutigen Klassiker-Album der 80er Jahre der verdiente größere Erfolg leider verwehrt.

Mit Songs wie „Pull The Trigger“ oder dem Titeltrack zeigte die Band eindrucksvoll, dass Sie neben zuckerweichen Melodien auch mit schnellen Stampfern mit fetten Gitarrenriffspunkten kann, „Missing in Action“ war sicherlich einer der besten Songs in der wechselhaften Bandkarriere und zündet auch heute. Leider können die Songs des Comeback-Albums wie „A Prisoner of Mind“ nicht ganz das Qualitätslabel der anderen Songs halten, und die Stimmung flacht etwas ab.

Jonathan performte auch heuer noch die teils hohen Töne , die wenn auch nicht mehr ganz so klar wie in den 80ern, immer noch richtig rocken. Auch wenn die Stimme nicht mehr die Brillianz alter Tage besitzt, und die hohen Töne etwas „quietschig“ klingen (dieses Problem haben in letzter Zeit schon ganz andere Herren gehabt), die Songs selbst reißen mit und lassen das Fuß nicht still stehen. Neben den Qualitäten als Sänger zeichnet sich Jonathan auch als guter Entertainer aus, der immer wieder gut gelaunt das Publikum anspricht und mit Anekdoten versorgt.
Neben dem Frontmann steht vor allem Gitarrist Duffy Delgado im Mittelpunkt des Geschehens, der mit seinem weißen Haar und actiongeladenem Spiel mächtig Spaß versprühte und die Blicke der Zuschauer unweigerlich auf sich zieht.

Q5 liefern an diesem Abend einen gelungenen Gig, der einen guten Querschnitt über die kurze Karriere von Q5 bzw. Jonathan wiederspiegelt, der beim Publikum insgesamt gut ankommt.
Bei schnellen „Surrender“ können sich die beiden Gitarristen Duffy Delgado und Michael David mit schnellen Riffgewitter auszeichnen. Etwas überraschend gibt es auch neue Musik von Q5 zu hören, wenn auch nur als Instrumental „Moonlight“, bei dem sich Jonathan eine kleine Pause am Mikro gönnt. Hier dürfen die Saitenhexer nochmals zum Duell antreten. Mit „Come and Gone“ gab`s auch die obligatorische Ballade vom Debut-Album, die eindrucksvoll die sanftere Seite von Q5 zeigt. Starker Song mit viel Gefühl und geiler Melodieführung, bei dem etwas Herz-Schmerz verarbeitet wurde. Einer der Highlight des Abends.
Zum Ende des Gigs kommt dann natürlich auch der von allen Fans sehnsüchtig erwartete Q5-Übersong schlechthin: „Steel the Light“, der in meiner Jugend bei keiner Metaldisco fehlen durfte, sorgte als Höhepunkt des Abends für etwas Ekstase im Publikum. Jonathan konnte sich natürlich vom ersten Ton an auf lautstarke Unterstützung verlassen, denn der Track ist quasi das „The Number of The Beast“ von Q5 und gehört definitiv zu den Klassikern des US-Metal der 80er…was ein geiler Song, der frenetisch von den Fans abgefeiert wurde. Auch wenn die Stimme von Jonathan hier leider etwas dünn rüberkam, wurde dieses Manko durch das Publikum locker wettgemacht. Mit „Rock`n`Roll“ gab`s noch ein Cover von Led Zeppelin als Zugabe. Nicht schlecht performt, doch hätte ich mir stattdessen lieber noch den ein oder anderen eigenen Song vom Zweitling gewünscht.
Unter frenetischem Jubel wurde die 5 Musiker dann standesgemäß in Waldbronn bei ihrem letzten Gig in Deutschland verabschiedet. Natürlich wurden nach dem Auftritt während oder nach dem Abbau des Bühnenequipments auch von den Musikern geduldig die zahlreichen Autogrammwünsche der Fans erfüllt und auch geduldig und gut gelaunt Selfies mit den begeisterten Fans geschossen.

Schade dass es das nun wirklich gewesen sein soll mit Q5. Es waren 2 tolle Auftritte im Soundcheck One, die Lust auf mehr gemacht haben. Wieder eine Band die abtritt. Aber zumindest durfte ich bei beiden Gigs als einer der 150 Gäste live dabei sein!
Setlist 06.09.2025:
- Last Train Home (Nightshade cover)
- Let Go
- Pull the Trigger
- A Prisoner of Mind
- Ain’t No Way to Treat a Lady
- Missing in Action
- Dead of Night (Nightshade cover)
- When the Mirror Cracks
- One Night In Hellas
- Rock On
- Surrender (Nightshade cover)
- Moonlight (Instrumental)
- Come and Gone
- Lonely Lady
- Teenage Runaway
- Steel the Light
Encore: - Rock and Roll (Led Zeppelin cover)
Q5 Lineup 2025:
- Jonathan Scott K. – lead vocals
- Duffy Delgado – guitar
- Michael David – guitar
- Chad Thomas – bass
- Jarratt VanDyke – drums
Wer kurzfristig noch Lust auf Q5 bekommen hat, kann die US-Band in den nächsten Tagen noch bei folgenden Auftritten im europäischen Ausland letztmals live sehen:
- 11.09.2025 An Club Athens, Athens, Greece
- 13.09.2025, Pyrenean Warriors Open Air, Site de Juhègues, Torreilles, France
- 15.09.2025, Let it Beer, Rome, Italy
- 16.09.2025, Legend Club Milano, Milan, Italy
- 17.09.2025, Alchemica Music Club, Bologna, Italy
- 18.09.2025, Rocki Docki, Flums, Switzerland
- 20.09.2025, Golden Age Rock Festival, Centre Culturel De Chenee, Liège, Belgium
Wer im Oktober in den USA ist oder für Reiselustige:
- 12.10.2025, Tulalip Resort Casino, Tulalip, WA USA
Q5 im Web: Webseite/Spotify/ Facebook / Instagramm
Text & Fotocredits : Live It Loud Pics by Thomas Jenne