Freitag, den 18. Juli
Während bei einigen meiner Kollegen die Festivalsaison 2025 schon vor Wochen begonnen hat, durfte ich am 18. Juli loslegen. Das erste Festival im neuen Jahr ist immer etwas Besonderes, hat man ja eine längere Pause vom feiern mit guter Musik und coolen Leuten an der (nicht immer so) frischen Luft hinter sich. Und seien wir mal ganz ehrlich, das Bier schmeckt bei der Gelegenheit auch besser und frischer als in einer stickigen Halle. Vor allem unser Niederbayrisch gebrautes.
Wie immer lockte auch die fünfundvierzigste Ausgabe des Open Air Weigendorf mit einer Mischung verschiedenster Rock und Metalbands, sowie diverser anderer Genres, die ein buntes Programm versprachen. Und um es gleich mal vorweg zu nehmen, auch gehalten haben. Aber dazu im Verlauf dieses Textes mehr.
Die Anfahrt nach Weigendorf verlief problemlos und die Schlange zum Parkplatz war auch erträglich, es ging zügig voran. Während der Wartezeit hatte man Gelegenheit die Besucher, die zu Fuß gekommen waren zu beobachten und den einen oder anderen zu bemitleiden oder auch anzufeuern, denn mit einem Kasten Gerstensaft ist die Strecke bestimmt nicht ohne. Bei einem hab ich mir einen Ruck gegeben und dacht mir so „komm, das ist die Chance für die gute Tat des Tages“ und hab ihm angeboten seinen Kasten aufs Gelände hochzufahren. Dieser hat mich aber nur kurz angesehen und dankend abgelehnt, wahrscheinlich hat er meinen Durst in den Augen gesehen und Angst bekommen ich könnte ihm alles wegtrinken.
Auch der Rest verlief reibungslos: Einparken, Bändchen holen, ab aufs Gelände und erstmal einen Überblick schaffen, ob sich etwas verändert hat im Gegensatz zum letzten Jahr. Aber zum Glück nichts, was einem sofort ins Auge gefallen wäre. Jede Menge Essensstände, eine kleine Shoppingmeile, kreative Sitzgelegenheiten, Schattenplätze und fast schon als Kunst zu bezeichnende Deko. Und auch der Graf Arco Wagen mit einer Runde Freibier war wieder vor Ort, und ihr könnt Euch vorstellen wo mein Weg in diesem Moment hinführte! Und so ging es mit einer frisch eingeschenkten Halbe zur Bühne auf der Caty And The Choogle Rockers schon spielten. Bei dem sonnigen Wetter passten die Hits von Creedence Clearwater Revival, die, die Band zum Besten gab, sehr gut. Titel wie Hey tonight oder Have you ever seen the rain, machten dementsprechend gute Laune.
Auch nicht von schlechten Eltern waren, die darauf folgenden, Bad Rain, die mit viel Energie ihren Modern Rock unter die Leute brachten. Laut Homepage, eine aufstrebende Band mit erfahrenen Musikern aus dem Raum München. Dass die Ansagen aber dann nur auf Englisch gekommen sind, geschenkt.
Die Zeit bis zur nächsten Band wurde dann mit der Suche nach etwas essbarem verbracht. Die Pizza zu teuer, Leute ernsthaft, sechs Euro für ein winziges Stück das nur etwas größer war als ein durchschnittliches Smartphone, ganz schön „ausgschamt“ (wie wir in Bayern sagen) und die Schlange an der Dönerbude daneben zu lang. Aber nach kurzer Beratung haben wir uns dann für die Currywurst der „Veranstalter eigenen Küche“ entschieden und das hat sich als gute Entscheidung herausgestellt. Für 8,-€ eine ordentliche Portion Pommes, die nicht leckerer hätten sein können und einer schmackhaften Wurst. So geht besucherfreundliches Verköstigen der Festivalgemeinde. Auch die Preise für die Getränke waren wieder total in Ordnung, drei Euro für einen halben Liter Wasser oder 4,50 fürs Bier, da lässt sich nicht meckern.
Nach der Stärkung ging es weiter mit Gsindl, einer Band, die schon seit dreißig Jahren ihr Unwesen auf den Bühnen, die die Welt bedeuten, treibt und auch das ein oder andere Mal das Open Air in Weigendorf heimsuchte. Was anderes kann man zu einer Band, die gekleidet wie ihr Maskottchen, in Bademantel (Farbe Hornhaut Umbra) und Hendlhut auf die Bühne geht, nicht sagen. Aber eine Band, die sich nicht zu ernst nimmt, kann man nur abfeiern und so wurden Songs der Marke Hammergeil und der Hof is am brenna vom Publikum bestens aufgenommen. Was bei einer solchen Band auch nicht fehlen darf, ist ein verkacktes Mitmachlied, die Menschen vor der Bühne haben es wohlwollend aufgenommen und auch brav mitgemacht. Zur Überraschung der Organisatoren vom OAW wurden diese von der Band auf die Bühne zitiert. Gsindl bedankte sich für die jahrelange Unterstützung und überreichten ihnen eine Feuerschale mit der eingestanzten Zahl 45 darin. Coole Aktion von Gsindl und große Überraschung für die Orga, würde ich sagen.
Langsam neigte sich der sonnige Tag dem Ende zu und wurde durch die Kühle des Abends ersetzt. So machten wir uns auf den Weg zum nahen Parkplatz um unsere Kapuzenpullis zu holen und den restlichen Abend ohne frieren zu überstehen. Warm wurde uns dann aber wieder von allein als Setyøursails um 20:30 ihren Auftritt hatten, einer Metalcore Band aus Köln, die mit brutalen Riffs, netten Melodien und einem Gesangsflummi Namens Jules Mitch, die sichtlich Probleme hatte sich stillzuhalten. Aber so viel Energie wie sie in ihre Bewegung gelegt hatte, genauso stimmgewaltig war die Sängerin, so dass sie mit ihrer Band das Publikum schnell im Griff hatte. Das raufholen von zwei kleinen Mädchen auf die Bühne, die bei FckOff lauthals mitschreien durften, war Nachwuchsrekrutierung im positiven Sinne. Die beiden hatten sichtlich Spaß. Die Eltern vielleicht nicht so, aber mit sowas muß man halt rechnen bei Festivals.
Danach brauchten wir eine kleine Stärkung in Form eines Kaffees und dieser war schön kräftig und ordentlich heiß. Für Schleckermäulchen hätte es an dem Stand auch noch Kuchen und Muffins gegeben, vermutlich mit Liebe gebacken von den Mamas/Frauen der Veranstalter?
Um 22:30 spielten dann Kontrust aus Österreich auf und hatten somit den Headlinerslot inne. Ihre experimentelle Mischung aus Rock, Metal, Reggae, Volksmusik und elektronischer Musik war aber leider Konfus und immer einen Ticken zu viel für mich. Ich weiß nicht wie es den anderen Festivalbesuchern ging, aber für meine konservativen Ohren war das nichts. So entschieden wir uns für heute aufzubrechen, um für den nächsten Tag fit zu sein und nochmal Gas geben zu können.
Samstag, der 19. Juli
Der Samstag hatte Mittags schon versprochen heiß und lang zu werden, so haben wir beschlossen nicht zu früh auf dem Festivalgelände aufzuschlagen. So sind wir um etwa drei Uhr nachmittags auf dem Festivalgelände eingetroffen und hatten somit noch die Chance die Show der Ducktapes beizuwohnen. Vor der Bühne war zwar noch nicht allzu viel los, aber die Paar, die der Hitze trotzten, hatten durchaus Spaß an dem punkig angehauchten Alternative Rock der Band. Vermutlich gab es auch etliche Opfer des Morgendlichen Weißwurstfrühstücks mit den Aperoler Spitzbuam und der Partyband Sex a` la Bamba.
Mir ist an diesen beiden Tagen aufgefallen, dass in diesem Sommer wohl bunte Hawaiihemden im Trend sind. Wo man hingesehen hat, ist irgendjemand mit so einem auffallenden Teil rumgelaufen. Beliebte Motive sind da große Blüten oder quitschgelbe Zitronen. Was ich dieses Jahr weniger gesehen habe, im Vergleich zum letzten Jahr, sind Kilts. Schotten sind wohl out in dieser Modesaison.
Um 16:30 wurde es dann eng auf der Bühne, denn sage und schreibe acht Frauen inkl. ihrer Blasinstrumenten und ein Mann an den Drums, betraten Desperate Housewifes diese. Mit einer Mischung aus bekannten Songs der Pop und Rockgeschichte (mal mit, mal ohne Gesang) wurde ein durchaus passender Soundtrack für diesen sonnigen Tag geliefert. Mit dem Song Andreas wurde das männliche Pendant zu Skandal im Sperrbezirk und Layla geliefert, aber ob dieser ein Hit wird wie seine „Vorbilder“ wird die Zeit zeigen.
Die nachfolgenden Velvet Rush setzten total auf den Sexappeal ihrer Sängerin Sandra Lian, die sich im knappen Body lasziv zu deren Songs bewegte. Der durchaus hörbare blueslastige Hardrock ging dadurch direkt etwas unter. Die Stimme der Sängerin hätte genug Power um auch so zu punkten, genauso wie die Instrumentalfraktion.
Irgendwann Nachmittags müssen sich Feuerschwanz die Wartezeit bis zu deren Auftritt auf dem Zeltplatz vertrieben haben. Einfach mal eine fette Box an einen Bulldog gespannt, bewaffnet mit einem Kaltgetränk und in voller Montur, haben sich der Hauptmann und Hodi standesgemäß über das Gelände chauffieren lassen, um zu Knightclub abzuhotten. Zum Glück wurde das mitgefilmt, für die Menschen die diese Aktion leider verpasst haben.
Um 20:00 machten dann Moon Shot richtig Bock auf Party. Deren trve 21st century rock’n’roll ging nicht nur Sänger Ville Malja, der wie ein Derwisch über die Bühne fegte, in die Beine. Auch dem, jetzt schon zahlreich erschienen Publikum, schien die mitreißende Performance der Finnen gefallen zu haben. Auch wenn Titel der Marke Broken Bones oder Life Is A Killer nicht besonders fröhlich klingen, machte die Musik dagegen ziemlich viel Freude. Sichtlich gerührt war Ville als das Publikum, angestachelt von seiner Band, dem Sänger in Form von Happy Birthday zum Geburtstag gratulierte. Ich bin mir sicher das Moon Shot nach diesem Auftritt so manchen Fan mehr haben, inkl. mir!
Um für den Headliner des Tages gewappnet zu sein musste wieder etwas Energie getankt werden und samstags entschieden für uns für das Fleisch gefallener Schlachtrösser. Ein Stand mit Rossknacker sind eine Seltenheit, was Essenstände auf Festivals angeht. Also nutzen wir das Angebot, wenn es das schonmal gab. Und es war eine gute Entscheidung, die Pferde-Chili-Leberkas Semmel (3.50€) und die Pferdeknoblauchsemmel (4.50€) waren eine schmackhafte Entscheidung und preislich auch noch total im grünen Bereich.
Derart gestärkt ging es direkt weiter mit Feuerschwanz, die angetreten waren um die Crowd in Weigendorf zum Kochen zu bringen. Deshalb wurde auch nicht lange gefackelt und die Band startete mit SGFRD Dragonslayer in ihr Set. Von Anfang an hatten die Mittelalterrocker das Publikum in fester Hand und gab es bis zum letzten Ton nicht mehr frei. Egal ob Memento Mori, Bastard von Asgard oder Schubsetanz, jeder Song wurde abgefeiert, lauthals mitgegesungen und jedes vermaledeite Mitmachspiel bereitwillig ausgeführt. Es hätte mich nicht gewundert, wenn der Hauptmann in die Schlacht gerufen hätte und so ziemlich alle an diesem Tag Anwesenden wären ihm, ohne zu zögern, in diese gefolgt, um siegreich heimzukehren. So in etwa kann man die Energie an diesem Abend beschreiben.
Nachdem wir die Soloeinlagen von Gitarre und Drums zu Urukai bewundert hatten wurde die Bühne in rotes Licht getaucht und wir warteten gespannt was da kommen sollte. Als es hieß wir sollen uns umdrehen war die Überraschung groß, da standen der Hauptmann, Hodi und Johanna hinter uns beim Soundpult um von dort aus I See Fire, Hurra Hurra, die Pest ist da und Kaufmann und Maid in abgespeckter Version darzubieten. Hier stand eindeutig Hodi im Mittelpunkt, während der Hauptmann die Situation konzentriert im Blick hatte. So konnten auch die hinteren Reihen die Musiker aus der Nähe bestaunen. Auch für diese Aktion gibt es ein Daumen hoch.
Im Nachgang wurde noch der Rest an Energie aus dem Publikum geholt, mit Titeln der Marke Dragostea Din Tei, Rohirrim und dem abschließenden Das Elfte Gebot, war es auch nicht allzuschwer. Andere Bands würden für so eine Hitdichte ihre Seele verkaufen, oder haben Feuerschwanz genau das gemacht? Am Ende des Sets lief noch Gangnam Style vom Band, bei der sich der Haufen von Feuerschwanz nochmal ordentlich bedankte und verabschiedete.
Fazit: den Verantwortlichen ist auch in der 45ten Ausgabe des Open Air Weigendorf gelungen ein absolut geniales Festival auf die Beine zu stellen, mit einem abwechslungsreichem Line Up, feiernden Menschen und einer großartigen Stimmung.