my invisible friends veröffentlichen Christine – News

Es gibt Menschen, denen ist Authentizität das Allerwichtigste. Dazu gehört der Berliner David Oesterling nicht. Er hat schon viele Leben gelebt. Unterschiedlichste Leben. Da wäre zum Beispiel das Leben, aus dem Oesterling, Kopf der neu gegründeten Band my invisible friends, heute Produzenten-Credits an Hits von Jürgen Drews (Von Null auf Hundert), Gestört aber Geil (Cinderella Story) und DJ Ötzi (Alle Wege führn nach Rom) mitgebracht hat. Der Musikverlag klopfte irgendwann an, erinnerte an einen beträchtlichen Vorschuss, der seinerzeit nicht eingespielt wurde. „Kannst du dir vorstellen, auch für andere zu schreiben?“, war die schicksalhafte Frage, die zu einer ungewollten Karriere als Songwriter und Produzent in der deutschen Unterhaltungsbranche führte. Ein stets überforderter, dauergequälter Oesterling fand sich plötzlich wieder inmitten von Stanglwirt, Oktoberfest und ZDF-Fernsehgarten. Als gewieftes Chamäleon passte sich Oesterling seiner Umgebung schnell an. Das tat er schon immer.

Denn mit seinem musikalischen Talent kann er die verschiedensten Genres bedienen, ist ein Rapper, ein Punker, ein Popper und, wenn es eben sein muss, ein Schlager-Produzent. Vor allem aber: ein Wolf im Schafspelz. Ein „Hinters-Licht-Führer“. Mehr Erik Jan Hanussen als Bob Dylan. Und am liebsten: nicht greifbar. Dabei fing alles ganz nüchtern an. Im Winter ́83 in Bergisch-Gladbach geboren, waren Künstler/innen wie Kurt Cobain, The Beatles und Radiohead die Säulenheiligen, die seine Welt aufrecht hielten. Als Haddaway und Roxette im Radio liefen, hat Oesterling in seinem Kinderzimmer mit der Gitarre auf dem Bett gesessen und bereits seine eigenen Songs geschrieben. Ray Davies, John Lennon oder Robert Smith dienten ihm da als Vorbilder.

Fast Forward zu 2022. Das Debutalbum „… Playing their most hated Love Songs“ ist der frappierende Spagat mit dem, was zuvor geschah. In gesunder Tradition zu The Shins, The Go Betweens oder Fleetwod Mac zelebriert Oesterling endlich den sanften Rausch des Aufräumens mit der Vergangenheit. Doch zunächst Mal sind my invisible friends eine Band bestehend aus einem Sänger/Gitarristen, einem Bassgitarristen und einem Schlagzeuger.

Als größtes Vorbild, als der unsichtbare beste Freund, Vater, Berater und Mentor schwebt über allem David Bowie. Was die beiden Davids verbindet, ist ihr Reichtum an Imagination, das Verträumte, das notorische Aberkennen der Realität. Veränderungssucht. Oesterling will mehr, als nur in verschiedene Rollen zu schlüpfen. David Oesterling ist ein Method Actor. my invisible friends ist seine Bühne. Auf ihr entstehen Freundschaften, ja. Aber nur vielleicht entwickelt sich daraus auch ein fester Kern. Sinnbildlich werden es Oesterlings unsichtbaren Freunde bleiben, die mit ihm dieses Album geschrieben und eingespielt haben. Denn vielleicht wird das zweite Album vollkommen anders klingen als dieses. Womöglich sind my invisible friends dann eine Punk Band, komponiert mit neuen unsichtbaren Freunden.

Im Augenblick fühlt sich David wohl mit diesen Songs, und mit seiner Band, dem Schlagzeuger Danny Weber und dem Bassgitarristen Clemens Albrecht. Mit der Gitarre, mit dem englischsprachigen Gesang und den Texten, die oftmals einen schwarzen Humor haben, stets widersprüchlich und ambivalent sind. In ihnen blitzt eine Naivität auf, als stammten sie von einem Jungen, dem es Überforderung bedeutet, allein in die Weltgelassen zu werden.

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