Letztes Wochenende startete in Pilzen/Tschechien für alle Metalfans mit dem METALFEST OPEN AIR endlich die Festivalsaison 2023. Wie immer fand das Festival im Lochotín Amphitheater direkt neben dem Pilzener Zoo statt. Bei bestem Festivalwetter mit ca. 25 Grad feierten ca. 12-15.000 Metalheads 3 Tage lang eine riesige Metalparty.
Wie jedes Jahr konnten die Veranstalter Pragokonzert ein attraktives Programm aus nationalen und vor allem internationalen Bands zusammenstellen, bei der Schwerpunkt auf Skandinavien und Deutschland lag. Auch wenn nicht die ganz großen Topacts am Start waren, konnten mit ARCH ENEMY und POWERWOLF zwei aktuell sehr angesagte Bands als Headliner gewonnen werden, die an den beiden ersten Abenden mit ihren begeisternden Bühnenshows das Amphitheaters zum Kochen brachten.
Doch das METALFEST 2023 konnte nicht nur mit ihren Headlinern glänzen, auch die anderen Bands des breit gestreuten Spektrum der unterschiedlichsten Genres der Metalmusik konnten fast ausnahmslos bei ihren Auftritten überzeugen. Von brachialem Trashmetal der brasilianischen CRYPTA, über Blackmetal von dritten Headliner BEHEMOTH, klassischem Hardrock a la THUNDERMOTHER bis hin zum akustischem Auftritt von FREEDOM CALL-Frontmann CHRIS BAY war für jeden Musikgeschmack etwas geboten.
Das diesjährige Festival eröffnete die tschechische Band SEBASTIEN, die mit einer Ausnahme dieses Mal ausschließlich Songs in ihrer Landessprache präsentierten, ihr 2020er Albums „Integrity“ stand klar im Mittelpunkt des Auftritts. Etwas überraschend für mich, da die Band um Frontmann Jiří Rain sonst eigentlich ihre Alben in englischer Sprache veröffentlicht hat. Doch auch wenn sich die tschechische Sprache für meine Ohren etwas exotisch anhört, kann die Musik trotzdem überzeugen und mit ihrem melodischen Metal waren SEBASTIEN ein guter Opener an diesem ersten Tag.
Anschließend entern die Powermetaller von ALL FOR METAL die Bühne, um in Pilzen ihren ersten (!) Liveauftritt überhaupt zu spielen. Gemäß Ihrem Bandnamen steht die Band für klassischen Metal aus einer Prise Manowar, gemixt mit etwas Gloryhammer.
Obwohl die Band um die beiden Sänger Tim „Tetzel“ Wagner (u.a. Asenblut) und Antonio Calanna (Devicious) erst am 07.07. ihr Debutalbum veröffentlichen (das Review zum Album von Olli C. könnt ihr ab demnächst bei uns unter den Albumreviews nachlesen), können Sie mit ihrem eingängigen, schnell zündenden Metalhymnen über die typische Themen des Heavy Metal , Helden und nordische Götter schnell das Publikum in Pilzen für sich gewinnen.
Wohl dank der Youtube-Präsenz werden Songs wie „All for Metal“ oder die Powerballade „Legend Never Die“ sofort lautstark mitgegröhlt. Gelungen ist der Mix der beiden Stimmlagen der beiden Frontmänner und so legen die Krieger und Verteidiger des wahren Metals zusammen mit ihren beiden Amazonen als Tänzerinnen ein rundum begeisterndes Bühnedebüt hin. Von ALL FOR METAL wird man sicherlich in Zukunft noch einiges hören.
Weiter ging`s mit einem deutschen Doppelpack bestehend aus den New Metallern von ANNISOKAY, die letztes Jahr gemeinsam Within Temptation einen Song veröffentlichen, und THE UNITY rund um den Gamma Ray-Gitarristen Heijo Richter. Mit ihrem melodischen Hardrock/Metal können THE UNITY schon zahlreiche Fans begrüßen und die Arena ist bereits früh am Tag gut besucht. Frontmann Jan Manenti begeistert mit tollen Gesang und seiner Ausstrahlung, ein echter Frontmann und auch musikalisch verstehen alle Musiker ihr Handwerk, lauter „alte“ Profis eben. Highlight: „No More Lies“ vom Debutalbum.
INSOMNIUM hatte ich bislang immer in die ganz dustere Death Metal Ecke gesteckt, so war ich doch überrascht, dass auch die ein oder andere Melodie von den Finnen zu hören war. Trotzdem zog ich es vor, etwas gegen das Knurren im Magen zu unternehmen und verzog mich in das Gastroareal außerhalb des Amphitheaters, wo neben eher landestypische Köstlichkeiten wie Schmalzbrot oder diversen Eintöpfen auch die eher üblichen Festivalspeisen angeboten wurden.
Rechtzeitig zu Auftritt von STRATOVARIUS war ich wieder im Publikumsbereich zurück, um mir Timo Kotipelto und seine Jungs anzuschauen. Auch wenn ich heute nicht mehr ganz so begeistert von der Band wie in den Anfangstagen bin, legten die Finnen einen ordentlichen Auftritt hin, den die begeisterten Fans mit entsprechendem Applaus honorierten. Auf der Setlist waren u.a. auch die Europapremiere von „Glory Days“ , welches bisher nur in Mexico live gespielt wurde und das klasse „World is on fire“.
Im Anschluss an die Finnen entert die zweite Überraschung des Tages die Bühne: AVATAR aus der schwedischen Metal Hauptstadt Göteborg. Bislang hatte ich keine Berührungspunkte mit der Band und so war ich echt positiv von der Show von Frontmann Johannes Eckerström überrascht. Auch wenn das Gehampel und clownhafte Gehabe und Gegrinse wohl nicht jedermanns Sache sein dürfte, haben die Schweden ordentlich einen rausgehauen. Ob das crazy-Auftreten des Sängers an dem Gebräu liegt, was Johannes sich aus dem Benzinkanister ständig hinter die Binsen kippt, bleibt jedoch ungeklärt. Mit „The Dirt I`m Buried in“ haben AVATAR gar einen Radio-Hit im Gepäck, der alle das Tanzbein schwingen lässt. Mit „The Tower“ präsentiert Johannes am Klavier sitzend eine klasse Ballade, während er ansonsten wie ein Derwisch über die Bühne fegt, mal grinsend, dann wieder wild die Haaare kreisend, hat mir und den Fans auf alle Fälle gefallen.
Die Amphitheater ist nun schon ziemlich voll und so geht die Party richtig ab und es ist alles angerichtet für den heutigen Headliner.
ARCH ENEMY mit Ihrer Frontröhre Alissa White-Gluz sind ja schon des Öfteren beim Metalfest aufgetreten. Sieht man sich die Position der Band auf den älteren Festivalshirts der Besucher an, spiegelt dies den eingeschlagenen Erfolgsweg nach dem Einstieg der blauhaarigen Alissa der schwedisch/kanadischen Kooperation sehr gut wieder. Er schlug in den vergangenen Jahren nur eine Richtung ein, steil nach oben, sowohl in den Charts als auch auf den Festival-Shirts. Als pünktlich um 21 Uhr das Licht ausgeht und das Intro zu „Deceiver“ angestimmt wird, geht sofort die Post richtig ab. Mit ihrem aktuellen Erfolgsalbum „Deceiver“ aus dem letzten Jahr feuern ARCH ENEMY ein wahres Gewitter an hochkarätigen Melodic-Death Metal Hits mit toller Lightshow ab.
Natürlich konzentriert sich der Blick der Zuschauer meist auf die heute in hautengem blauen Outfit gekleidete Alissa. Mit welcher Energie die attraktive Kanadierin bei ihrem gutturalen Gesang ins Micro brüllt ist echt unglaublich, Songs wie „The Watcher“, „House Of Mirror“ oder „The World is Yours“ überzeugen jedoch nicht nur durch ihre stimmliche Brachialität, sondern waren auch wegen der fantastischen Melodien und Gitarrenriffsauch für mich als Nicht-Death Metaller Grund genug, mir das letzte Album ins Regal zu stellen, Live-Begeisterung von der Bühnenumsetzung natürlich inbegriffen.
Das Gitarrenduo Jeff Loomis und Michael Amott überzeugt auch an diesem Abend auf ganzer Linie. Mit ihren begeisternden melodischen Riffs und Solos harmonieren die Beiden perfekt zu Alissas Powerstimme und gehören sicherlich zu den besten Gitarrenduos im Bereich des Death Metal. Ob nun alte Klassiker wie „Burning Angel“ vom Debutalbum aus der Vor-White-Gluz Ära oder melodischere Granaten wie „The Eagle flies Alone“, die Crowdsurfer fliegen nur so über den Bühnenvorplatz und bringen die Security ganz gehörig ins Schwitzen. Alles in allem eine geile Show, die uns ARCH ENEMY an diesem Abend bieten, die den ersten Festivaltag bei inzwischen frischen Temperaturen gebührend beschließt.
Setlist ARCH ENEMY:
- Deceiver, Deceiver
- The World Is Yours
- Ravenous
- War Eternal
- In the Eye of the Storm
- House of Mirrors
- My Apocalypse
- The Watcher
- The Eagle Flies Alone
- Handshake With Hell
- Sunset Over the Empire
- As the Pages Burn
- We Will Rise
Encore:
- Enemy Within
- Burning Angel
- Snow Bound
- Nemesis
- Fields of Desolation (Instrumental outro)
Tag 2 beginnt mit den tschechischen Lokalmatadoren von SOLASR SYSTEM, die zwar noch vor bescheidenem Publikum auf die Bühne müssen, doch musikalisch mit ihrem leicht progressiven Metal einen ordentlichen Auftritt abliefern, auch wenn das heimische Publikum trotz tschechischen Texten nur sehr verhalten agiert.
Da steigt die Stimmung bei AMALGAMA doch deutlich an. Schon im letzten Jahr trat die ursprünglich aus Moskau stammende Band in Pilsen auf und hatte in diesem Jahr erneut die Chance zu zeigen, dass die Sprache des Rock`n Roll grenzüberschreitend zur Völkerverständigung beitragen kann. So wurden Frontmann Vlad „Graf“ Ivoilov bei ihrem Auftritt mit einem Mix aus 80er-Rock, Hardrock und Metal gebührend empfangen. Neu zur Band hinzugekommen ist Ex Delain-Gitarrist Timo Sommers, der Songs wie dem hitverdächtigen „Wild Wind“ mit seinem erstklassigen Riffs deutlich aufwertet. Auch wenn man das ein oder andere Mal etwas die Scorpions oder Van Halen bei den Songs raushört, können AMALGAMA mit Songs wie „Back to the 80`s“ oder der Powerballade „Lonely Boys“ insgesamt auch dieses Jahr wieder überzeugen.
Als nächstes folgt das Festivaldebüt der deutschen Newcomerband LEAGUE OF DISTOARTION rund um Kisssin` Dynamite Saitenhexer Jim Müller und Frontfrau Anna Brunner, die schon bei Exit Eden in Erscheinung getreten ist. Die Band legte einen phantastischen, energiestrotzenden Auftritt hin, der mit viel Applaus honoriert wurde. Mit Ihrer kräftigen variablen Stimme kann Anna das Publikum mit Ihrem aus verschiedenen Stilen gemixten Style sofort abholen. Von Klargesang über brutale Screams, mal rappig, mal rotzig, auch New Metal Elemente kommen nicht zu kurz. Genau dieser Mix und die Ausstrahlung von Anna mit Ihrem Sidecut macht die Band interessant. Songs wie „Wolf Or Lamb“ und „It Hurts So Good“ haben gar Hitpotential, während „I`m a Bitch“ fast poppig mit Metalscreams daher kommt, der bandeigene Song „L.O.D.“ kann gar als Mix aus Lady Gaga und Metal durchgehen. So wird der Auftritt von LEAGUE OF DISTOARTION für mich zu einem der Highlights des Festivals.
Bei der brasilianischen Trashband CRYPTA trete ich dann erstmals an diesem Tag den Rückzug an. Mit ihrem Geschrei und Gebrüll kann mich Frontfrau und Bassistin Fernanda Lira nicht zum Bleiben bewegen, das ist dann doch zu viel für meinen Geschmack. Den Die Hard-Trashmetallern gefällt die Show, und so gibt’s erstmals an diesem Tag einen Circle Pit und Wall of Death im Areal vor der Bühne. Mit Ihrem düsteren Blick und dem krassen Gesang hätte man im Mittelalter die Band wohl direkt auf den Scheiterhaufen gestellt! Gut dass diese Zeiten vorbei sind.
MEGAHERZ stellen beim Metalfest 2023 die Vertreter der Neuen Deutschen Härte, die damit eine weitere Sparte des Metal auf die Bühne von Pilzen bringen. Zwar nicht ganz mein Ding, doch überzeugen die Münchner mit inzwischen auch schon 30 Jahren Bühnenerfahrung ihre vielen deutschen Fans in Tschechien, die lautstark mit Fronter Alexander „Lex“ Wohnhaas Songs wie „Miststück“ mitsingen.
Im Anschluss dürfen dann die “italienischen J.B.O.“ auf die Bühne. Nanowar of Steel sind wie die rosarote Fraktion aus Erlangen bekannt für ihre Parodien und metallischen Verballhornungen. Mir ist die Band bislang eher durch ihre teils witzigen und kunterbunten Videos aufgefallen und so war ich positiv überrascht, wie lautstark die Italiener mit Ihren farbenfrohen Outfits mit rosa Plüschrock oder knallbunten Perücken von den Metalfans in Pilsen begrüßt und abgefeiert wurden. Sie feuerten einen verbalen oder musikalischen Joke nach dem anderen ab und begeisterten trotzdem auch auf musikalischer Seite die Massen, was ich nie gedacht hätte. Beim Song „Wall of Love“ fordert Frontmann Carlo Alberto Fiaschi das Publikum statt dem üblichen Wall Of Death zur Wall of Hugsmit dem/der Nachbarn/in auf, bei „Pasadena 1914“ parodiert man gekonnt SABATON. Cooler, witziger Auftritt der Italiener mit toller Stimmung.
Aus dem Süden Europas ging`s anschließend in den hohen Norden, mit dem finnischen Doppelpack aus Turmion Katilöt und Korpiklaani. Beide Bandskonnten bei mir nicht richtig punkten. Mit den finnischen Texten und dem Discometal waren mir Turmion Katilöt schon im Vorprogramm von Nightwish nach einer gewissen Weile auf den Zeiger gegangen. Doch der Masse gefiel`s .
Als dann um 19:40 der Co-Headliner des heutigen Tags KORPIKLANIdie Bühne betraten, war das Rund des Amphitheater schon fast vollständig gefüllt. Ob das nur war, um sich für POWERWOLF einen guten Platz zu sichern, oder um sich die aus Lahti stammenden Folk Metaller anzusehen, bleibt jetzt dahin gestellt. Man sah zumindest viele KORPIKLANI-Bandshirts unter den Fans, und auch die Stimmung war während der nächsten knapp 70 Minuten sehr entspannt. Mit Geige und Akkordeon bewaffnet, lieferten Frontmann Jonne Järvelä und seine Jungs eine große Folk Metal Party ab. Taanzen, Crowdsurfen inbegriffen, und auch die kostümierten Fans hatten hier ihren großen Auftritt. Mir wär es viel zu heiß gewesen, um mich auch noch in ein solches Ganzkörperkondom , äh –kostüm zu zwängen.
Gegen 21 Uhr fiel dann der Vorhang und verhüllte die Bühne für die Vorbereitungen des heutigen Headliners. Eingroßes „PW“ zeigt, was nun folgen würde. Als der Vorhang dann bei Einbruch der Dunkelheit um 21:30 Uhr endlich fällt, folgt eine 90 minütige Powershow der Extraklasse. Attila Dorn und sein Wolfsrudel begeistern mit Ihren Hits und einer feuergespickten Show die Massen. Die Sitzplätze sind nun brechend voll und auch oberhalb der eigentlichen Sitzplatzreihen und in den Gängen ist der Andrang groß. POWERWOLF präsentieren einen Querschnitt ihrer letzten Erfolgsalben mit Hits wie „Dancing with The Dead“ oder “ Demons Are a Girl’s Best Friend“, alten Bandklassikern wie „Amen & Attack“ oder „We drink your Blood“. Auch aus dem letzten Opus „Interludum“ findet mit „Sainted by The Storm“ ein neuer Song den Weg auf die Setlist, der auch wieder das powerwolf`sche Hitpotential besitzt.
POWERWOLF haben sich mit ihren letzten Alben nicht umsonst neben Bands wie Sabaton zum absoluten Publikumsmagnet gemausert, denn sie schaffen es immer wieder aufs Neue, Songs mit eingängigen Melodien aus dem Ärmel zu schütteln. Auch showmäßig überzeugen die Wölfe mal wieder mit ihrer Produktion, phantastisch die vielen großen Bühnenhintergründe auf der Videowall, die sich immer etwas bewegen und so die diversen Wolfsdarstellungen richtig zum Leben erwecken. Immer ist Action geboten, Keyboarder Falk Maria Schlegel ist überall auf der Bühne unterwegs, um das Publikum anzuheizen und natürlich kommt auch das Feuer und Pyros während des gesamten Auftritts nicht zu kurz. Mal als brennendes Klavier, dann aus dem Feuerwerfer von Atilla, den Fans vor der Bühne dürfte nicht nur der Sonnenbrand auf der Haut gebrannt haben.
Mit „Werewolves of Armenia“ beschließen die Wölfe dann um kurz nach 23 Uhr ihren geilen Auftritt, der eigentlich viel zu schnell vorbei war. Nach den alten Haudegen von Scorpions, Accept und Helloween haben wir nun in Deutschland wieder eine international erfolgreiche Band in Deutschland am Start, die für ganz große Bühnen wie gemacht ist und die Lücke nach dem hoffentlich nicht allzu baldigen Abgang der ganz großen Bands vielleicht in Zukunft schließen kann. Zumindest was die Show betrifft, brauchen Sie sich vor niemanden mehr verstecken. Und mit Attila haben POWERWOLF einen Frontmann, der durch seine kommunikationsfreudige Art die Massen live sofort mitreißen kann.
POWERWOLF sind klar der wahre Headliner des diesjährigen Metalfest Open Air für mich!
Setlist POWERWOLF:
- Faster Than the Flame
- Incense & Iron
- Resurrection by Erection
- Amen & Attack
- Dancing With the Dead
- Armata Strigoi
- Sainted by the Storm
- Stossgebet
- Demons Are a Girl’s Best Friend
- Beast of Gévaudan
- Where the Wild Wolves Have Gone
- Fire and Forgive
- Army of the Night
- Blood for Blood (Faoladh)
- Opening: Agnus Dei
- Sanctified With Dynamite
- We Drink Your Blood
- Werewolves of Armenia
- Wolves Against The World (vom Tape)
Der Finaltag des Metalfest 2023 startet mit den Tschechen FORREST JUMP. Die junge Band mit Ihrem Frontmann Pepa Michálek musste leider noch vor bescheidenen Zuschauerzahlen auf die Bühne. Sicherlich waren auch die beiden vorangegangenen Festivaltage und der damit verbundene Schlafmangel mit ein Grund dafür. Nichts desto trotz ein guter Auftritt um wach zu werden.
Spätestens mit REDSPEHRE sollte dann jeder glockenwach geworden sein, denn es folgte die wohl neben CRYPTA härteste Band des Festivals. Für mich war Zeit zu flüchten, denn der Mix aus Trash- und Speedmetal war für meine zarten Ohren nicht gemacht.
Geschickt hatte der Veranstalter als nächstes Freedom Call Frontmann CHRIS BAY auf dem Line-Up plaziert, der als krasser Kontrast zu REDSPEHRE quasi als Entspannungsmusik für die Ohren dient. Chris vertritt an dieser Stelle die eigentlich hier angekündigten Wind Rose, die Ihren Auftritt im Vorfeld leider absagen mussten. Nachdem Chris im letzten Jahr mit seiner Stammband für große Begeisterung in Tschechien sorgte, kommt er 2023 nun zusammen mit seinem Kumpel Joachim „Joschi“ Sthaler und seiner Akustikgitarre nach Pilzen. Schon irgendwie faszinierend, dass Chris es trotzdem schafft, die inzwischen zahlreichen Fans mit seinen akustischen Songs bei einem Metalfestival so abzuholen. Pilzen scheint ein gutes Pflaster für Freedom Call bzw. Chris Bay zu sein, nicht umsonst haben Freedom Call den Auftritt im letzten Jahr für ihre anstehende Live-DVD-Veröffentlichung verwendet, für die Chris natürlich auch kräftig die Werbetrommel rührt. Mit jeder Menge Freedom Call Songs sowie einer Coverversion von Iron Maiden`s „The Number of the Beast“ überzeugt er auch in diesem Jahr das Pilsener Publikum und stellt mit seinem neuen Song „Metalfest“ außerdem gleich noch die gleichnamige neue Metalfest-Hymne für künftige Open Air Festivals in Pilzen vor.
Nach dem Auftritt der deutschen New Metaller ANY GIVEN DAY folgt dann Frauenpower im Doppelpack.
Die Schweden von THUNDERMOTHER geben in neuer Besetzung ihr Debut in Pilsen und legen einen geilen Gig auf die Bretter bzw. das Betonplateau der Bühne. Ohne großen Schnick Schnack, einfach Rock`n Roll pur. Noch anders als bei den Scorpions im Vorprogramm (den Bericht aus Mannheim findet Ihr hier), ist heute die Stimmung gleich von Beginn an sehr gut und die Mädels um Bandleaderin Filippa Nässil sind bestens aufgelegt und lassen sich bei Ihrem Auftritt nicht lumpen. Es wird gepost und gerockt, und immer wieder suchen die Mädels und vor allem die neue SängerinLinnéa Vikström und Rückkehrerin Majsan Lindberg am Bass den Kontakt zu den Fans in den ersten Reihen.
Auch Filippa läßt es sich nicht nehmen und spielt eines der Solos inmitten der begeisterten Zuschauer. Mit Ihrem Erfolgsalbum „Black and Gold“ und Songs wie „Dogs from Hell“ , „Heatwave“ oder dem Abschlusssong „Driving In Style“ haben sie natürlich auch etliche echte Hits mit an Bord, die einfach den Vibe zum Abgehen beinhalten und wie gemacht sind für ein Oper Air Festival bei bestem Sommerwetter. Eine geile Show der 4 Damen!
Danach darf dann BEYOND THE BLACK beweisen, dass nach DORO auch in Deutschland endlich ein weiterer ganz heller Stern am Female Fronted Metal–Himmel leuchtet. Jennifer Haben und ihre Band sind ja inzwischen seit einigen Jahren fester Bestandteil in der von Frauen dominierten Symphonic Metal Szene, und begeistert bei ihrem heutigen ersten Auftritt beim Metalfest sofort auch das tschechische Publikum. Mit Ihrer Ausstrahlung und im schwarz/roten Outfit begeistert Jenny sowohl mit Song wie „Winter is Comming“, „Reincarnation“ oder „Dancing in the Dark“ vom aktuellen selbstbetitelten Album, doch auch die Songs vom für mich noch immer einem der besten deutschen Debütalben „Songs of Love And Death“ werden überschwänglich von der sehr gut gefüllten Arena gefeiert. Klasse ist wie immer Gitarrist Chris Hermsdörfer (u.a. Serenity), dessen eingestreute Growls den Songs nochmals mehr Abwechslung verleihen und diese deutlich aufwerten. Ein in allen Belangen überzeugender Auftritt der mit den beiden Klassikern „In The Shadows“ und „Halleluja“ beendet wird! Sicherlich werden BTB in Zukunft noch öfters beim Metalfest zu sehen sein und wenn die Karriere weiter so verläuft dann wohl auch eher als Co-Headliner oder gar Headliner. Dies zeigt auch die langen Schlange bei der Signing-Session, wo Jenny und ihre Jungs zahlreiche Autogrammwünsche erfüllen mussten.
Da mein persönlicher Festivalplan mit BEYOND THE BLACK nun eigentlich „abgearbeitet“ ist und am nächsten Tag um 5:30 der Wecker zum Wiedereinstieg in den Berufsalltag klingelt, schenke ich mir die beiden Tagesheadliner TESTAMENT und BEHEMOTH und kehre dem Metalfest 2023 vor dem eigentlichen offiziellen Ende den Rücken. Die ganz harte Fraktion möge mir das an dieser Stelle verzeihen, dass ein Bericht über die beiden Bands hier fehlt.
TESTAMENT hat mich in der Vergangenheit noch nie sonderlich interessiert und in Sachen heutigem Headliner BEHEMOTH bin ich seit deren Auftritt beim letztjährigen Download Germany in Hockenheim wahrlich „geheilt“, denn der Auftritt der Okkultrocker war für meine Ohren eine echte Bewährungsprobe und ich war froh, als damals das Grauen ein Ende hatte. Ob der Status als Headliner für BEHEMOTH nun gerechtfertigt ist, sollen diejenigen beurteilen, die sich die Black Metaller angeschaut haben.
Vor meinem endgültigen Abgang habe ich mir kurz noch ein paar Songs von ENSIFERUM reingezogen, die ja letztes Jahr kurzfristig ihren Auftritt absagen mussten und dieses Mal Wiedergutmachung für ihre damals enttäuschten Fans betreiben. Mit Ihrem Folk und Viking Metal rocken ENSIFERUM im inzwischen wieder vollen Rund der Arena die Bühne. Den Anfang machte „Rum, Women, Victory“, der gleich lautstark mitgesungen wurde und erneut die Crowdsurfer auf den Plan ruft.
Nach einigen weiteren Songs heißt es dann für mich endgültig kontrolliert den Rückzug anzutreten. Zufrieden und auch wegen der gefühlten über 30 Grad während der gesamten drei Festivaltage doch etwas geschlaucht (Pilzen war ja sozusagen erst das Trainingslager für weitere Open Airs in diesem Sommer), mache mich auf den 400 km langen Rückweg gen Westen, um kurz vor Mitternacht platt in die Federn zu fallen.
Festivalfazit:
Auch wenn ich zu Beginn wegen des Linups etwas skeptisch war, wurde das Metalfest 2023 insgesamt ein toller Einstieg in die Festivalsaison 2023. Tolle Auftritte vor allem von POWERWOLF und ARCH ENEMY, einige interessante Livedebuts bzw. Neuentdeckungen (ALL FOR METAL, LEAGUE OF DISTORTION und etliche sehr gute Auftritte (BTB, THUNDERMOTHER) und natürlich auch einige unnötige Erweiterungen für meinen musikalischen Horizont (REDSPHERE), gute und vor allem soweit ich das beurteilen kann friedliche Stimmung unter den Fans und das entgegen dem letzten Jahr alles bei bestem Festivalwetter… was will man mehr?
Dazu natürlich die tolle Location des Lochotín Amphitheater in Pilzen, die gute Sicht und Akustik auf (fast) allen Plätzen bietet und so für alle Besucher ein entspanntes Festival ermöglicht. Kurze Wege zwischen Bühne und Food-Area, ein funktionierendes Cashless System ohne ewig lange Warteschlangen, da können sich einige der großen Festivals was abschneiden. Und auch die Eintrittspreise sind mit unter 100 € für 3 Tage Festival echt günstig.
Hervorheben möchte ich auch mal die gute Arbeit der Securities am Bühnenrand, die geduldig auch noch den 100sten Crowdsurfer freundlich in Empfang nahmen und so auch ihren Teil zu einer entspannten und stressfreien Atmosphäre während der drei Tage beitrugen.
Etwas überrascht war ich allerdings über die doch recht höhen Essenspreise, die entgegen der günstigen Bierpreise von ca. 2,60€ für den Halben doch größtenteils unserem Preisniveau in Deutschland entsprachen.
So war das Metalfest 2023 mit seinen vielen tollen Bands für jeden Geschmack auch dieses Jahr wieder eine Reise wert.
Sicherlich werden wir auch im nächsten Jahr wieder nach Tschechien kommen, um erneut eine geile 3-Tages-Metal-Party bei bester Musik zu feiern.
Kleiner Verbesserungsvorschlag noch am Rande:
Es wäre schön, wenn der Festivalsprecher künftig auch ein paar Worte in Englisch an das doch weit verbreitete internationale Publikum richten würde, den tschechisch dürften sicherlich die wenigsten ausländischen Gäste verstehen.
Das nächste Metalfest in Pilzen wird wohl Anfang Juni 2024 stattfinden. Wir berichten euch rechtzeitig, wenn der endgültige Termin feststeht!
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