Land: Norwegen

Genre: Art Pop/Folk Rock

Auch von mir nochmal willkommen zurück bei Rockmagazine 2.0! Wir waren eine Weile offline und haben dadurch viel verpasst. Die Welt der Musik bleibt eben nicht stehen und so sind einige tolle Alben an uns vorbeigegangen. Kalandra hingegen haben mit ihrem Neuwerk „A Frame Of Mind“ glücklicherweise brav gewartet bis wir wieder auf Sendung gehen. Die norwegische Truppe, die sich am ehesten noch in die Kategorien Folk Rock und Art Pop einordnen lässt (auch wenn diese Einordnung ihrer Musik nichtmal ansatzweise gerecht wird), hat mit ihrem letzten Album „The Line“ ein absolutes Meisterwerk produziert und mich während der Leprous-Tour 2023 auch live vollständig verzaubert.
Doch können sie die hohen Erwartung an einen würdigen „The Line“-Nachfolger erfüllen?

Opener I Am präsentiert sich als perfekte Beschreibung für einen typischen Kalandra-Song. Der Track startet ruhig unter der Führung von Katrine Stenbekks engelsgleicher Stimme und fügt immer mehr Elemente hinzu bis er in einem fulminanten Klimax endet. Dabei überschreitet die Band jedoch nie die Grenze des folkig angehauchten Rocks mit doomig-langsamem Tempo (auch wenn es in den letzten Minuten doch vergleichsweise sehr heavy klingt) und nutzt akustische Klänge von Gitarren und Klavier genauso wie sanfte Synth-Teppiche oder finstere E-Gitarren.

Untie The Knot präsentiert gleichzeitig eine große Stärke und eine Schwäche von „A Frame Of Mind“. Der Aufbau mit ruhigem Start und finalem Klimax ist erneut derselbe, aber diesmal scheint ein wirklich actionreiches Ende auszubleiben. Der letzte Refrain klingt mehr wie ein Build-up als wie der Abschluss des Songs und dieses Phänomen ist leider bei einigen Tracks auf dem Album zu beobachten – ein Problem das „The Line“ nicht hatte. Trotzdem ist Untie The Knot einer meiner Lieblingssongs der Platte. Der Refrain ist einfach zu traumhaft gesungen und instrumental gestaltet als dass man ihn nicht lieben kann. Und auch der Rest des Liedes wird durch Katrine Stenbekk auf ein anderes Level gehoben. Sie ist nach wie vor das magische Herzstück der Band.

Das kultisch, an dem kultischen Horrorfilm Midsommar erinnernde Video zum Song Are You Ready? unterstreicht den gruseligen Unterton des Tracks sehr gut. Hier wird wieder mehr mit den harten Gitarren gearbeitet und auch die Drums dürfen im chaotischen Finale vollständig ausrasten. Alles in allem einer der besseren Songs des Albums, doch das absolute Highlight kommt erst noch: The State Of The World beginnt als ruhiges Wiegenlied mit Streichern und Klavier und entwickelt sich während des melodischen Finales zum wahren Nachfolger des Überfliegers Borders. Mit der jahrhundertealten Botschaft nach Frieden, Toleranz und Hilfsbereitschaft und einem zauberhaften Vocal Run tun Kalandra hier das, was sie am Besten können – berührende Musik mit berührenden Texten verbinden. Aber hört bitte selbst:

Ganz andere Seiten ziehen die Norweger im Nachfolgesong Bardaginn auf. Auf Norwegisch gesungen (falls mich der Google-Übersetzer nicht im Stich lässt) und mit harten Riffs präsentieren Kalandra hier eine ganz andere Seite von sich. Wie der Sturm nach der besagten Ruhe davor wird der Hörer von Bardaginn überrollt und fragt sich, ob das noch die gleiche Band wie im stillen The State Of The World ist. Eine gute Abwechslung zum üblichen Stil von Kalandra.

A Life Worth Living spielt wieder im normalen Fahrtwasser der Band. Melancholisch angehaucht und mit dezentem Drive dank den konstant präsenten Drums und E-Gitarren-Anschlägen ist der Song doch vom selben Problem geprägt wie Untie The Knot: es gibt kein richtig nach Finale klingendes Finale. Der Track marschiert einfach durch und hat gegen Ende eine leichte Steigerung. Diesmal kann jedoch auch eine Katrine Stenbekk nicht mehr viel aus dem Song rausholen.

Ab hier beginnt der mehr oder weniger experimentelle Teil von „A Frame Of Mind“. I‘ll Get There One Day klingt anfangs nach einer Wanderung durch eine endlose Wüste – sehr gleichförmig und teilweise unterbrochen durch, nach dem Soundtrack von Dune klingende Streicherparts. In der Mitte des Songs gibt es aber einen Tempo- und Stimmungswechsel, der von Klavier und leichten Schlagzeugklängen eingeleitet wird und dann gegen Ende im Fade-Out verstummt. Mehr als: „Interessant…“ mit einem nachdenklichen Gesicht kann ich jedoch zu dem Track nicht sagen.

Hytta passt zwar auch in das experimentelle Framing, geht aber in eine ganz andere Richtung als sein Vorgänger. Mein bester Vergleich hierzu ist das Kauan-Album „Kaiho“. Die Band kreiert mit leisen Piano-Klängen, Geigen und Ambient-Soundeffekten die Klangwelt einer idyllischen Hütte am See. Bis auf beruhigendes Summen ist der Track vollständig instrumental. Mit Kopfhörern ist die nostalgische Atmosphäre besonders gut zu genießen und bietet im Alltag ein paar Minuten Eskapismus zu einem schöneren Ort.

Photocredti: Linnea Syversen

Segla schließt sich der Ruhe des vorangegangenen Songs an und schlägt auch den Kauan-Vergleich nicht (diesmal geht es aber mehr in Richtung „Ice Fleet“). Die Momente mit E-Gitarre klingen wie sich aufbauende Wellen, die einen kommenden Sturm vermuten lassen. Doch der Rausschmeißer I Remember A Time ist keineswegs der vermutete Sturm, sondern ein trauriges Lagerfeuer-Lied mit Akustikgitarre und einer beruhigenden Zweistimmigkeit. Erneut tragen die Vocals den Song und brennen den wundervollen Refrain sanft in meinen Kopf ein.

„A Frame Of Mind“ ist leider nicht „The Line“ 2.0. Viele Songs hier klingen klar nach Kalandra, aber nicht jeder bleibt hängen. Neben dem Klimax-Problem bei einigen Songs gibt es auch ein paar Experimente nach dem Schema „Hit or miss“. Jedoch ist „A Frame Of Mind“ kein schlechtes Album – im Gegenteil. Viele der Lieder begeistern und werden mich noch lange begleiten. Die Grenze zwischen „gefällt mir“ und „gefällt mir nicht“ ist lediglich, was Kalandra-Songs angeht, etwas größer geworden.

Fazit: Kalandra verzaubern auf „A Frame Of Mind“ noch immer mit ihren traumhaften Melodien und starken Texten. Die Band weigert sich weiterhin sich in Genre-Schubladen stecken zu lassen und kann somit Fans von Pop bis Metal gleichermaßen begeistern. Jedoch wagen sie dadurch auch einige Experimente die manchen mehr und manchen weniger zusagen werden. Trotzdem kann „A Frame Of Mind“ jedem Kalandra-Fan und besonders die erste Hälfte auch Kalandra-Neulingen wärmstens empfohlen werden.

Dafür gibts von mir 8 von 10 Bängs!

acht von zehn

„A Frame Of Mind“ erscheint am 13. September 2024 via By Norse Music und ist als CD, LP und digitaler Download erhältlich.


Die Band:

Katrine Stenbekk – Gesang
Florian Döderlein Winter – Gitarre
Jogeir Daae Maeland – Gitarre
Oskar Johnsen Rydh – Schlagzeug

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By Elias

Schreiberling aus Leidenschaft, Metal-Enthusiast seit der Schulzeit. Verirrt sich gern in den Tiefen des Prog und bestaunt moderne Ansätze zu Rock und Metal.

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