Am vergangenen Samstag gastierte eine meiner absoluten Lieblingsband in Stuttgart. Y&T, die US-Rocklegende, die mich musikalisch seit über 40 Jahren begleiten, trat als Special Guest auf der aktuellen „Stereo Crush“-Tour der Schweizer Megaseller von Gotthard in der Filharmonie in Filderstadt auf.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge ging`s bei echtem Kaiserwetter nach Filderstadt, wohl wissend dass Y&T an diesem Abend leider nur ein sehr abgespecktes Programm spielen können. Die Jungs um Frontmann Dave Meniketti sind ja bekannt für ihre überlangen Shows, die auch gerne mal die 2,5 Stunden-Grenze überschreiten (da können sich viele junge Bands mal eine Scheibe abschneiden – Anm. d. Red.).

Glücklicherweise gestanden GOTTHARD des US-Boys eine ganze Stunde Spielzeit zu, sodass wenigstens ein Großteil der Klassiker wie „Meanstreak“, „Midnight in Tokio“, oder „Believe in You“ gespielt werden konnten. Auch wenn showmäßig mit Ausnahme von Basser Aaron Leigh recht wenig Aktion geboten wird – doch das ist halb so wild, als Y&T-Fan erwartet man schließlich kein großes Stage-Posing die Konzerte der Kalifornier leben eher von der genialen Musik und den fantastischen Musikern. Im Blickpunkt steht natürlich ganz besonders Frontmann Dave Meniketti mit seiner auch nach 50 Jahren immer noch hervorragenden Stimme und seinem wahnsinnig gefühlvollen Gitarrenspiel, der sich nach seiner Krebserkrankung in bester Verfassung präsentiert. Was ein begnadeter Musiker, der für mich schon seit meiner Jugend zu den besten Frontmännern /Gitarristen des Planeten gehört.

Egal ob mit den härteren Songs wie „Hurricane“ oder „Black Tiger“, den etwas moderneren, kommerzielleren 80er Sounds à la „Lipstick and Leather“ oder „Don`t Stop Running“, als Y&T noch große Stadien in den USA füllten, oder natürlich den beiden genialen Balladen „I Believe in You“ und „Rescue Me“ vom „Earthshaker“-Album, die Musiker überzeugen auf ganzer Linie und selten hat man so laute Rufe des Bandnamen bei einem Support gehört, wie bei Y&T an diesem Abend. Das Filderstadter Publikum feiert die Songs richtig ab und nicht ohne Grund sieht man viele T-Shirts der Band aus Frisco im Publikum.

Mit „I Believe In You“ gibt’s dann natürlich auch die Überballade der Band, bei der Dave seinen ganz großen Auftritt hat. Das gefühlvolle Solo ist einfach zum hinknieen, ein Song mit Kultfaktor. Dave geht darin auch nach 50 Jahren bei jeder Show formlich auf, auch wenn er den Song schon hunderte Male gespielt hat. Bei „Meanstreak“ sowie „Black Tiger“ sieht man viele Metalfans der Ü50-Generation die Luftgitarre spielen und sicherlich werden auch die ein oder andere Freudenträne verdrückt. Klasse auch, dass „Contagious“ aus dem gleichnamigen Album den Weg auf die Setlist findet, ein nicht so häufig gespielter, ebenfalls sehr starker Song.

Das obligatorische Ende läutet dann natürlich der Y&T-Rauswerfer „Forever“ ein, bei dem nochmals das Gaspedal kräftig durchdrückt wird und die Fans lautstark mitsingen lässt. Einfach göttlich der Song, ein würdiges Ende eines fantastisches Auftritts. Nicht nur mit (m)einer Y&T-Brille wird man sagen müssen, dass die alten Herren auch nach über 50 Jahren nichts von ihrer Begeisterung und Anziehungskraft verloren haben. Y&T ist und bleibt einfach eine absolut geile Liveband. Die lauten Y&T-Rufe in der Filharmonie zum Abschluss des Gigs bestätigen, dass ich wohl nicht der Einzige war, der von dem Auftritt der Band begeistert war. Nur schade, dass die 60 Minuten schon so schnell vorbei waren.

Bleibt zu hoffen, dass Dave und Co. bald wieder zu einer Headlinertour zurück nach Deutschland zurück kommen. Deutschland ist und bleibt ein gutes Pflaster für die Band!

Setlist Y&T:
- Open Fire
- Hurricane
- Lipstick and Leather
- Don’t Stop Runnin‘
- Mean Streak
- Midnight in Tokyo
- Contagious
- I Believe in You
- Dirty Girl
- Black Tiger
- Rescue Me
- Forever
Nach einer 30 minütigen Umbaupause folgen dann die Headliner des heutigen Tages. Auch wenn es nach dem starken Auftritt von Y&T nicht einfach wird, die Stimmung zu toppen, die meisten Besucher sind dann wohl doch wegen Gotthard gekommen.

Gegen 21 Uhr geht dann die Saalbeleuchtung aus und es beginnt eine beeindruckende Show mit elektrisierender Atmosphäre. Als die ersten Gitarrenriffs von Gitarrenduo Leo Leoni und Freddy Scherer durch den Saal hallen, ist das Publikum sofort auf Betriebstemperatur und läßt den Lautstärkepegel nochmals deutlich ansteigen.

Die Schweizer Hard-Rock Legende – angeführt von Frontmann Nic Maeder, der mit seiner charismatischen Bühnenpräsenz und markanten Stimme brillierte – hatte das Publikum von der ersten Sekunde an fest im Griff. Und so wird der Auftritt ein echter Siegeszug in Filderstadt. Gleich beim Opener steigen GOTTHARD ins neue Album ein, mit „AI & I“ gibt’s gleich einen der härteren Songs der neuen Scheibe, um mit der neuen Single „Thunder And Lightning“ gleich nachzulegen. Den radiotauglichen Song intoniert Frontmann Nic Mader gekonnt lässig und kommt etwas härter rüber wie auf der Scheibe, ehe es mit „All We Are“ mit Hammondorgel etwas bluesiger zugeht. Das Bühnenbild wir durch zwei überdimensionale Lautsprecher auf dem Backdrop im Hintergrund dominiert, statt schwarzen Marshall-Wänden mit dem typischen Schriftzug gibt`s diesmal Lautsprecherreihen, die während der Show beleuchtet werden können und so gut mit dem Gesamtbühnenbild harmonieren. Die Filharmonie Filderstadt, mit ihrer exzellenten Akustik, sorgte für den idealen Rahmen, um Gotthard`s fette Soundwände und die feinen musikalischen Details der Balladen gleichermaßen zur Geltung zu bringen.

Mit Leo Leonie und Freddy Scherer haben GOTTHARD ein starkes Gitarrenduo an Bord, die mit Ihren Soloeinlagen den Songs zusätzliche Dynamik geben. Die rhythmische Präzision von Marc Lynn am Bass und Flavio Mezzodi am Schlagzeug bilden ergänzend die perfekte Grundlage, um den kraftvollen Sound der Band zu stützen.

Da die Filharmonie nicht ausverkauft ist und beste Lichtverhältnisse herrschen, gibt’s für alle Besucher perfekte Sicht auf die Bühne, alles ist sehr entspannt ohne Gedränge und Gedrücke. So kann man auch bequem durch die Halle schlendern, was auch John Nyman und Mike Vanderhule von Y&T ausnützten, um sich zwischen den Fans einen Teil der Show von ihren Musikerkollegen aus der Schweiz anzuschauen.
„Stay With Me“ vom „Silver“-Album versetzt dann das Filderstadter Publikum in Höchstform. Bei der folgenden Akustik-Session darf Geburtstagskind Michelle aus dem Publikum sich direkt auf der Bühne unmittelbar neben die Musiker setzen und die nächsten Songs hautnah live erleben. Aus einer großen Liste an Balladen darf sie sich einige Titel auswählen, die speziell für Sie gespielt werden. Glücklicherweise ist bestes Sommerwetter, und so läuft die Bitte nach Regen mit „Let It rain“ glücklicherweise ins Leere. Michelle wählt sich außerdem die Debutalbum-Ballade „Angel“ und „Miss You“. Leider wirkt Sie etwas verlegen und verloren auf ihrem Hocker.

Dann ist es wieder an der Zeit für einen neuen Song. Der Midtemporocker „Burning Bridges“ nimmt langsam Fahrt auf und mit einem der Highlights „Anytime Anywhere“ geht’s endlich wieder zur Sache, der Song wird kräftig mitgesungen und es wird gerockt, was das Zeug hält – die härteren Songs liegen mir doch einfach besser.

Bevor der reguläre Set eines unvergesslichen Abend voller Energie und Emotionen beschlossen wird, darf Drummer Flavio Mezzodi noch ein beeindruckendes Drumsolo vom Stapel lassen. Nic reitet im Anschluss dann Huckepack durchs Publikum und sing hautnah mit den Fans „Lift U Up“.
Das Ende des Konzerts war damit jedoch noch lange nicht erreicht und so gab es keinen Moment der Pause, denn die geschätzten ca. 1500 -1700 Zuschauern waren sichtlich noch hungrig nach mehr – und Gotthard ließen sich nicht lange bitten und lieferten noch den lautstark geforderten Nachschub.

Zu Beginn des grandiosen Zugabe-Sets, gab`s mit dem Fanlieblings „One Life one Soul“ nochmals einen Akustik-Song. Zum Finale Grande des Gigs spielten GOTTHARD dann noch ihren letzten Trumpf auf der Hand aus, der gleichzeitig als dritte Säule ihres internationalen Erfolges bezeichnet werden kann: die Coverversionen bzw. Neuinterpretationen großer Klassiker, die schon seit Anbeginn ihrer Karriere ein wichtiger Bestandteil der Albumveröffentlichungen und der Liveauftritte der Schweizer sind. Und so verwandelte sich die Filharmonie in Filderstadt mit „Hush“ und „Mighty Quinn“ am Ende nochmal in einen brodelnden Tempel des Rock.

Fazit :
Was war das für ein gelungener Samstagabend in Filderstadt. Eine tolle Location, die mit guter Beleuchtung und tollem Klang überzeugte. Eine überragende Supportband, die eigentlich spielend auch den Headlinerposten übernehmen könnte, vier begnadete Musiker, die die Massen mitreisen und 50 Jahre Musikkarriere und jede Menge Hardrock-Klassiker im Gepäck hatten.
Dazu GOTTHARD als Headliner, die gleichermaßen mit ihren Balladen als auch mit den harten Rocksongs begeisterten und mit dem neuen Album „Stereo Crush“ wieder voll ins Schwarze bei den Fans getroffen hat. GOTTHARD haben mal wieder eindrucksvoll bewiesen, dass sie inzwischen zu den internationalen Größen des Rock gehören und ihre Leidenschaft für die Musik auch nach all den Jahren nichts von ihrer Intensität verloren hat. Ihr gelungener Mix aus Balladen, Midtempo- Songs sowie echten Rockkracher überzeugen alle in der Halle.
Echter und vor allem ehrlicher Hardrock der Extraklasse und endlich auch mal wieder eine ordentliche Spielzeit von 1 Stunde für den Special Guest bzw. 2 Stunden vom Headliner, so wünscht man sich als Musikfan das von seinen Lieblingsbands.
Von mir gibt’s fast nix zu bemängeln, einzig die Saalbeleuchtung wurde das ein oder andere Mal unnötig eingeschaltet, was etwas störend war.
Setlist Gotthard:
Acoustic
Set 2:
- Burning Bridges
- Anytime Anywhere
- Boom Boom
- Top of the World
- Rusty Rose
- Heaven
- Feel What I Feel
- Drum Solo
- Lift U Up
Encore:
- One Life, One Soul (Acoustic)
- Hush (Joe South cover)
Encore 2:
Text & Photos: „Live It Loud-Pics“ by Thomas Jenne