Beim dreitägigen Blacksheep-Festival vom 23. bis 25. Juni hatten wir uns für die goldene Mitte entschieden und waren somit freitags vor Ort.
Das Bonfelder Festival ist schon etwas Besonderes. Mitten im kleinen Bad Rappenauer Stadtteil wurden drei Bühnen sowie zahlreiche Stände mit Kleinkunst, Fanartikeln, Getränken und kulinarischen Leckerbissen aufgebaut. Der Ort mit seinen historischen Gebäuden, Fachwerkhäusern und Gässchen ist ins Geschehen integriert. Die 2.500 Festivalteilnehmer am Freitag genossen das abwechslungsreiche Angebot in lockerer, stressfreier Atmosphäre.
Die musikalische Bandbreite war groß und reichte von ruhigem Folk bis zu Hardrock. Bei Veranstaltern, Musikern und Besuchern war die Freude zu spüren, dass nach zweijähriger pandemiebedingter Zwangspause wieder gerockt werden konnte. Da spielte es auch keine große Rolle, dass das Wetter zwischenzeitlich nicht sehr einladend war. Zwei Stunden regnete es, am späteren Abend klarte es jedoch wieder auf.
Pünktlich um 18.55 Uhr eröffnet die Schweizer Indie-Folkband Black Sea Dahu den zweiten Festivaltag. Sie spielen ruhige, stimmungsvolle Musik. Neben E-Gitarren kommen auch akustische Gitarren, Geigen und verschiedene Perkussioninstrumente zum Einsatz. Der Sound paßt gut zum rustikalen Ambiente der Kornspeicherbühne. Die getragenen, teilweise melancholischen und balladenartigen Musikstücke stellen einen gemütlichen Einstieg in den Festivalabend dar. Die sympathischen Schweizer um die Sängerin Janine Cathrein kommen beim Publikum gut an.
Auf der kleinen Dorfbühne spielt als nächstes das niederländische Pop-Duo Jack and the Weatherman.
Die Mehrheit der Festivalbesucher bevorzugt es jedoch, vor der Schlossparkbühne mit den zeitgleich auftretenden „Festivallieblingen“ Steve´n´Seagulls abzurocken. Die abgedrehten Finnen sind auch optisch ein Hingucker. Mit Latzhosen, Holzfällerhemden, Fellmützen und Schlapphüten bekleidet legen sie eine Rockshow der besonderen Art hin. Ihr Konzept: bekannte Hardrock- und Metal-Hits mit traditionellen Instrumenten (Akkordeon, Kontrabass, Mandoline und viele mehr) zu interpretieren. Eine echte Fun- und Partyband, die supergute Laune versprüht. Trotz Regen ist die Stimmung ausgelassen, als sie mit einem Stück von Metallica das Konzert eröffnen. Am selben Tag spielen die Thrashmetal-Ikonen aus Kalifornien übrigens am nicht weit entfernten Hockenheimring… ob sie mehr Spaß als die Gäste des Blacksheep-Festivals haben sei dahingestellt. Es folgen weitere Stücke von namhaften Künstlern wie AC/DC, Iron Maiden, Gary Moore, Guns’n’Roses, um nur einige zu nennen.
Nach diesem Knaller geht es gegen halb Zehn auf der Kornspeicherbühne wieder gechillter zu. Mighty Oaks sind ein musikalisches Trio bestehend aus Ian Hooper, Claudio Donzelli und Craig Saunders, die in Berlin leben. Einem breiteren Publikum wurde die Band durch ihren Auftritt beim „Free European Song Contest“ letztes Jahr in Köln bekannt. Die Folk-Rock Musik ist eingänglich und sorgt für gute Laune beim Bonfelder Publikum.
Schnell hinüber zur Dorfbühne, denn um 22 Uhr tritt dort die australische Singer-Songwriterin Toby Beard auf. Rasch füllt sich der Platz vor der kleinen Bühne. Die Powerfrau heizt dem Auditorium ein, die Mischung aus Pop, Rock, Folk und Soul geht ins Blut. Bitte mehr davon!
Kurz nach 23 Uhr hat das lange Warten ein Ende: Uriah Heep kommen auf die Schlossparkbühne. Der Headliner des heutigen Abends ist quasi ein Urgestein des britischen Hardrocks und wird im selben Atemzug mit Deep Purple, Black Sabbath oder Led Zeppelin genannt.
Ursprünglich wollten Uriah Heep vor zwei Jahren ihr 50. Bühnenjubiläum feiern, doch Corona machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Aber jetzt wird alles nachgeholt. Jahrzehntelange Erfahrung und Routine – die Band um den 75-jährigen Leadgitarristen Mick Box überzeugt auf ganzer Linie mit Spielfreude und Hingabe.
Weiße Mähnen flattern über die Bühne. Die etwas in die Jahre gekommenen Herren legen sich voll ins Zeug und rocken mit dem Opener „Gypsy“ los. Sie holen das Publikum von Anfang an ab und lassen das schlechte Wetter vergessen. Für das softere „Lady in Black“ holt Mick Box seine Akustikgitarre heraus. Mit Lagerfeuerromanitik im Kopf singt das Bonfelder Publikum textsicher mit. Nach anderthalbstündiger Rockshow ist „Easy Livin“ als letzte Zugabe natürlich Pflicht.
Hut ab, das ging unter die Haut! Hoffentlich bleibt Uriah Heep noch viele Jahre dem Musikbusiness erhalten.
Ein toller Festivaltag geht gegen 0 Uhr 30 zu Ende. Den Organisatoren und vielen ehrenamtlichen Helfern sprechen wir ein dickes Lob aus und sind auf das Programm fürs nächste Jahr gespannt. Der Weg nach Bonfeld hat sich definitiv gelohnt, denn das Blacksheep-Festival stellt sich als ein Geheimtipp heraus.
(c) Text: Achim Jenisch (Gastbeitrag) / Oliver Haremsa