Wer braucht schon eine riesige PA, ein Mischpult mit tausenden Schiebern und Reglern, hunderte oder gar tausende Watt an Flutlichtscheinwerfer und eine riesige Halle oder ein Stadion mit tausenden von Zuschauer für ein tolles Konzerterlebnis. Erik Mårtensson und sein Musikkollege und Freund aus Jugendjahren Magnus Henriksson jedenfalls nicht.
Wer die beiden nicht kennt, es handelt sich bei den beiden Schweden um den Frontmann, Sänger und Producer sowie den Gitarristen der schwedischen Hardrockband ECLIPSE. Die beiden Vollblutmusiker geben sich auch mit kleineren Dimensionen und bescheidenerer Bühnenbeleuchtung zufrieden. Zwei Mikros, 3 Gitarren und ein Barhocker, OK noch ein paar Plektren und das war`s dann auch schon, mehr brauchen die Beiden für ein tolles Konzerterlebnis nicht, um mit den gut 120 Zuschauer im Soundcheck One in Waldbronn bei Karlsruhe eine grandiose Rock-Party abzufeiern.
Am Dienstag startete im dem kleinen Club im Industriegebiet irgendwo im Nirgendwo von Waldbronn die kleine „THE ACOUSTIC APOCALYPSE TOUR 2024“ der beiden sympathischen Musiker, bei der sie ohne Schlagzeug und Bassist, nur mit jeweils einer Gitarre bewaffnet einen mitreißenden Auftritt auf die kleine Bühne zauberten. Die Tour sollte eine ganz spezielle Show für ihre Fans sein, denn auf der Setlist fanden sich zahlreiche Songs von ECLIPSE, die im Soundcheck One beim Tourauftackt tatsächlich erstmals (!) Live gespielt wurden. Daneben gab`s auch ein paar Extraschmankerl wie z.B. eine Coverversion des EUROPE-Klassikers „Prisoner in Paradise“, den wie Erik erläuterte, begannen die beiden alten Kumpels ihre musikalische Karierre als Coverband eben dieser erfolgreichen Band der 80er aus ihrem Heimatland.
Pünklich um 20:30 Uhr ging es los mit der Show, und das Soundcheck One war inzwischen für einen Dienstag unter der Woche doch ganz ordentlich besucht. Sicherlich hätten die beiden Musiker eine ausverkauftes Haus verdient gehabt, doch war die Tourankündigung wohl doch etwas unter dem Radar der breiten Masse gelaufen.
Doch sollte dieser Umstand überhaupt kein Grund sein, die Show mit angezogener Handbremse zu starten, vielmehr sprangen Eric und Magnus bestens gelaunt einfach zwischen den Zuschauern auf die Bühne, denn einen extra Bühnenzugang gibt es nicht. Unmittelbar vor den Zuschauern, die an diesem abend hautnah dran waren, nahm Magnus auf seinem Bahrhocker Platz, während Eric stehend seine Position am Mikro einnahm. Nach kurzem Stimmen der Gitarren und ein paar Begrüßungsworte, geht`s dann mit dem „Apocalypse Blues“ von der aktuellen gleichnahmigen Single los, die auch am Merchstand zusammen mit einer Eclipse-Schutzbrille für die nächste Sonnenfinsternis verkauft wurde! (Anm. d. Red. : Die nächste totale Sonnenfinsternis in Deutschland, Österreich und der Schweiz wird es erst 2081 geben!. Glücklicherweise wird es schon 2025 die Möglichkeit geben, während der dann stattfindenden partiellen Sonnenfinsternis die ECLIPSE-Brille zu testen).
Eric zeigt während des Gigs wieder mal, welch begnadeter Entertainer und Sänger er ist, hat er doch seine Fans jederzeit fest im Griff und es bedarf nur eines kurzen Hinweises und schon steht das Soundcheck One-Publikum wie eine Eins hinter ihm, klatscht fleisig im Takt und singt mit. Wie Erik erklärt, hat man bei der „Acoustic Apocalype Tour“ bewusst auf einen Drummer, Bassist und Backingvocals verzichtet, und so fragt er seine Fans, ob sie den Job als Ersatz für die fehlenden Musiker während der Show übernehmen wollen, was das Publikum natürlich unter lautem Jubel bejaht. Und so ist das Publikum sozusagen offiziell Zuschauer und Musiker in Personalunion und übernimmt natürlich gerne diesen Part der Rhythmussektion.
Die Beiden präsentierten an diesem Abend einen gelungenen Querschnitt aus ihren letzten 7 Studioalben bis zurück zu ihrer dritten Veröffentlichung „Are You Ready To Rock“ aus dem Jahr 2008, das mit „Wylde One“ gewürdigt wird.
Auch vom 4. Album „Bleed And Scream“ werden drei Song berücksichtigt, wobei „Battleground“ eindeutig als albuminterner Sieger und einer der Highlights des Abends hervorgeht.
Nach „Wild One“ folgt mit „The Storm“ einer der Fanlieblinge und gleichzeitig eine richtige Gänsehaut-Ballade, bei der die Fans lautstark in den Oh Oh OH-Refrain einstimmen. Auch die kleinen technischen Rückkopplungen bringen Erik nicht aus der Ruhe und so stellt der Song den ersten echten Höhepunkt des Abends dar.
Erstmals überhaupt wird „Poison in my Heart“ live gespielt, was Erik auch nicht so ganz erklären kann, wird daber sicherlich an der Fülle an erstklassigen Songs liegen, die ECLIPSE bei jeder Tour wieder vor das Problem stellen dürfte, welcher Song von der Setlist gestrichen werden muss. Doch das freut das Soundcheck One-Publikum natürlich um so mehr, kommen sie heute exclusiv in den Premierengenuss. Der Song wurde in der Pandemie geschrieben, in „einer Zeit von zwei verlorenen Jahren„, wie Erik die Coronnazeit rückblickend selbst bezeichnet.
Es folgen einige der neueren Songs vom „Wired“ und „Megalomanium“, wobei vom aktuellen Album etwas überraschend nur das irisch angehauchte „Anthem“ und „Hardest part is losing you“ gespielt wird. Letzteres kommt besonders gut an. Immer wieder müssen die beiden Musiker zwischendurch ihre Instrumente neu stimmen, um die richtige Tonlage für den jeweiligen Song anzuschlagen, wie Magnus scherzhaft vermerkt, hat er ab und an dann kleinere „technical problems“.
„Wide Open“ bekommt heute auch seine Livepremiere. Obwohl bereist 2015 geschrieben, wurde er bislang noch nie auf der Bühne gespielt. Die Premiere ist auf alle Fälle gelungen!
Nach dem bereits erwähnten EUROPE-Cover „Prisoner in Paradise“ kommt mit „When The Winter Ends“ einer der Songs, die Erik eigentlich ursprünglich für seine anderen Projekte geschrieben hatte. So war der Song ursprünglich für W.E.T. geplant worden, doch gefiel er Erik und Magnus so gut, dass sie ihn für ECLIPSE verwenden wollten. Gleiches gilt auch in ähnlicher Form für „Downfall Of Eden“ das eigentlich für das 2. NORDIC UNION – Album mit Ronnie Atkins (Pretty Maids) gedacht war. Sie sagten sich „Aaah, this should be our song“ und so entschlossen sie diesen selbst zu verwenden. Erik bemerkt etwas verschmitzt, das er richtig froh ist, dass sie den Track damals nicht aus der Hand gegeben haben. (Anm. d. Red. : trotz diesem Umstand wurde das Album „Second Coming“ mit Ronny Atkins eine richtig tolle Scheibe). Mit dem langezogenen „Oh Oh Oh-Mitsingteil“ natürlich ein Song wie gemacht für die Bühne.
Auch zu „Runaways“ , mit dem ECLIPSE 2016 am Vorentscheid zum ESC für Schweden teilgenommen hatten, gibt Erik einige interessante Einblicke in die Entstehungsgeschichte. Wie er erklärt, waren Sie zu der Zeit dabei, das erste Album für NORDIC UNION aufzunehmen und wurden dann vom schwedischen TV gefragt, ob sie mit einen Song am Vorentscheid teilnehmen wollten. Da der Beitrag innerhalb von einer Woche vorliegen musste und 2015 gerade die erste Europa-Tour von ECLIPSE anstand, entschied man sich kurzerhand einen Song einzureichen, der eigentlich als erste Single für das Sideprojekt mit Ronnie geplant war, „Ronnie loves this Song“ so etwas verschmitzt der Sänger. Kurzerhand reichte man den Song „Traveller“ ein, der beste Song, der dafür geeignet erschien und aus dem schließlich das heutige „Runaways“ wurde. Mit dem Start beim ESC wurde es elider nichts, doch schaffte man es letztlich bis ins nationale Halbfinale. Live kommt der Titel natürlich dank des Eclipse`schen Hitpotentials super an.
Wie zur Ergänzung gibt`s dann eine weitere Coverversion in Form des namensgleichen Del Shannon Hit „Runaways“ aus dem Jahr 1961, der in aktuellem musikalischen Gewand genauso funktioniert wie von über 60 Jahren. Sein „i wah-wah-wah-wah-wonder“ kann als legendär bezeichnet werden und so kann sich Erik auf lautstarke Unterstützung verlassen.
Zwischen den Songs bleibt noch Zeit für ein paar persönliche Tipps von Meister Erik persönlich, wie man am besten einen guten Song schreiben sollte. „Spaß haben und nicht mit Gewalt versuchen, seinen besten Song zu schreiben“, so der große Songwriter wohl aus eigener Erfahrung, denn dann kommt meist nur ein „Shit-Song“ dabei heraus. Besser soll man eine Bier oder einen Kaffee trinken, locker bleiben, dann wird eher was richtig Gutes daraus. Erik muss es ja wissen, schließlich sprudeln die Good-Songs bei ihm wie Wasser aus einer unerschöpflichen Quelle.
Zum Abschluss hauen die Beiden dann nochmals ihre größten Hits raus. „Battleground“ begeistert sofort, und langgezogene „Oh, Oh, Oh“-Chöre strecken den Song gewaltig in die Länge, ehe Magnus mit seinem fantastischen Gitarrenspiel das großen Finale einläutet. It`s „Time to Rock“ und gleich bei den ersten Tönen von ihrem bislang größten Erfogshit „Viva La Victoria“ gibt es natürlich kein Halten mehr im Club und so wird nochmals richtig lautstark abgefeiert. Auch wenn noch kein Wochenende ist, zündet das abschließende „Saturday Night“ natürlich auch am heutigen Dienstagabend und beendet nach 100 Minuten einen fantastischen Auftritt, der alle Fans begeistert haben dürfte. So gibt es natürlich Standing Ovations, auch wenn es keine spezielle Zugabe mehr gibt.
Doch als Entschädigung für Ihre begeisterten Fans finden sich Erik und Magnus noch bestens gelaut und zufrieden von den tollen Reaktionen aus dem Publikum kurz nach dem Ende des Auftritts schon am Merch-Stand ein, wo sie natürlich fleißig die vielen Fotos, Singles und CDs signieren, die die zahlreichen noch wartenden Fans mitgebracht oder vor Ort gekauft haben. Auch für Fotos nehmen sich die beiden Musiker auch zu später Stunde noch geduldig Zeit. So sollte es immer sein und zeigt deutlich die gegenseitige Dankbarkeit zwischen Musiker und Fans.
Fazit:
Was soll man sagen, es war einfach ein geiler Auftritt von Erik Mårtensson und Magnus Henriksson, die wieder mal eindrucksvoll belegen, das die Songs und die Musik von ECLIPSE in jeder Form funktioniert, sei es als richtiger Rocksong mit Drums und E-Gitarre oder als Acoustic-Song mit Westerngitarre, ein guter Song bleibt ein guter Song … und davon haben die beiden Vollprofis bekanntlich mehr als genugend im Repertoir.
Erik und Magnus wirken nicht nur heute abend beinahe wie eineiige Zwillinge – fast unzertrennlich und perfekt aufeinander eingespielt, sind sie inzwischen schon mehr als 25 Jahre gemeinsam musikalisch unterwegs und haben bis heute immer überduchschnittlich gute Alben abgeliefert, die eine ungeheure Dichte an Hits abgeliefert haben und eigentlich immer ohne Fillersongs ausgekommen sind.
Ein Auftritt der Spaß gemacht hat, ohne Netz und doppelten Boden. Einfach ohne großen Schnickschnack, Rock in seiner natürlichsten Art.
Setlist Tourauftakt „THE ACOUSTIC APOCALYPSE TOUR 2024“ im Soundcheck One / Waldbronn
Eclipse – Online:
https://www.facebook.com/EclipseSwedenBy Thomas
Text & Fotos Thomas Jenne