Es ist nun exakt 2 Jahre her, dass ACCEPT ihr letztes Studioalbum „Too Mean To Die“ veröffentlichten. Nun folgte endlich nach dem vermeintlichen Ende der Pandemie der Startschuss zur Livepräsentation während der zugehörigen Europatour.
Während sich die Karnevalfans meiner Heimatgemeinde, immerhin eine der örtlichen Faschingshochburgen, am „Schmutzigen Donnerstag“ auf den Straßen und in der örtlichen Sporthallen mit Schunkelmusik und Ballermann-Hits in Stimmung brachten, zog ich es vor, mich auf die Reise ins Schwabenland nach Neu-Ulm zu machen, um den Tag mit einem metallischen (Karneval-)Alternativprogramm abzurunden. Nach 2 ½ Stunden Fahrt erreichte ich die Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm, wo aber auch gar nichts nach Faschingsveranstaltung aussah.
Der Andrang an Metalheads hielt sich in Grenzen und so erfolgte pünktlich um 18:30 recht entspannt der Einlass ins Foyer der Halle, wo man sich die Wartezeit bis zum Zugang vor die Bühne am Merch oder bei einem Snack oder Hopfensaft vertreiben konnte. Als dann der Zugang zur Innenraum der Halle geöffnet wurde, waren etwas überraschend die Ränge abgehängt und auch das Spielfeld war abgetrennt. Hatte man sich bei der Wahl des Veranstaltungsortes etwas verkalkuliert und eine zu große Location gebucht? Mit geschätzten 1500-2000. Insgesamt etwas überraschend, dass so wenige Zuschauer ACCEPT sehen wollten, doch sollte der etwas spärliche Besucherandrang der guten Stimmung zu fortgeschrittener Zeit an diesem Abend nicht schaden.
Als Supportband hatte sich ACCEPT die Mädels von The Iron Maidens eingeladen, die als Iron Maiden Coverband mit ausschließlich weiblicher Besetzung die Hits von Bruce Dickinson & Co zum Besten geben. Im Vorfeld wurde viel von den weiblichen Maidens gesprochen, und so war ich bei meiner persönlichen Livepremiere gespannt, was die Damen aus den Klassikern der Eisernen Jungfrauen so zaubern können.
Leider war der Sound für die Damen mehr als dürftig an diesem Abend, und so wollte der Funke zu Beginn nicht so recht überspringen. Zu sehr dominierte der Bass von Wanda Ortiz, die als weibliche Steve Harris-Variante ihr Bestes gab. Auch der Gesang von Frontfrau Kirsten Rosenberg, alias „Bruce Chickinson“, die im Armeemantel der Rotröcke gekleidet und mit Union Jack bewaffnet den Eröffnungssong „Trooper“ anstimmte, konnte mich nicht wirklich überzeugen, auch wenn einer meiner Maiden-Faves „Wasted Years“ gespielt wurde. Auch das Publikum tat sich anfangs etwas schwer mit den Eisernen Jungfrauen, denn so richtig Stimmung wollte irgendwie nicht so recht aufkommen. Dies wurde zwar im Laufe des Gigs merklich besser und bei „Fear of The Dark“ war erstmals sowas wie Begeisterung im Publikum zu spüren und das neu-Ulmer Publikum stimmte lautstark in den bekannten Mitsing-Chorus ein. Auch bei „Run to the Hills“ und dem abschließenden „The Number of The Beast“ wurden die Mädels dann doch noch gefeiert, allerdings recht verhalten.
Insgesamt konnte mich der Auftritt von The Iron Maidens allerdings nicht überzeugen. Auch wenn Sie für den bescheidenen Sound wohl nicht verantwortlich waren, so war musikalisch noch einiges an Luft nach oben. Anstatt die Power der Originalversionen auf eine besondere eigene Art zu präsentieren, kam der Auftritt leider etwas dünn rüber, da Half auch der Auftritt von Eddy nicht weiter. Bis auf das brabbelnden Bassspiel fehlte insgesamt doch die Wucht der Songs. So blieb leider der Eindruck, dass hier halt doch nur einfach eine Coverband auf der Bühne steht, die sich zwar bemüht, aber doch deutlich Mühe hat, den Eigeninterpretationen einen überzeugenden, persönlichen Touch aufzudrücken. War mal ganz nett, die Band live zu sehen, mich für eine Headliner-Show zu begeistern haben die Damen leider bei dem 60-minütigem Auftritt nicht geschafft. So fielen auch die Reaktionen recht zurückhaltend aus und so gab es auch keine weiteren Zugaben.
Nach der obligatorischen Umbaupause war ich dann gespannt, ob der bisher schlechte Sound nur an der Vorband lag oder ob der Mann am Mischpult einfach einen schlechten Tag erwischt hat und eventuell die Hallenbeschallung nicht optimal ausgepegelt war.
Glücklicherweise konnte ich meine Bedenken schnell zur Seite schieben, denn bereits bei den ersten Tönen von ACCEPT wurde klar, dass in der Ratiopharm-Arena sogar direkt vor der Bühne ein toller, kraftvoller Sound möglich ist.
Als Eröffnungstrack sorgte der neue Song und Albumopener „Zombie Apocalypse“ für eine gelungenen Auftakt in den 110-minütigen Auftritts der deutschen Urgesteine in Sachen Teutonen Metal.
Fetter Sound, tolle Beleuchtung und natürlich erstklassige Songs sind das ideale Fundament für ein gelungenes Konzerterlebnis fernab jeglichen Karnevalstreiben. So geht es Schlag auf Schlag mit einer erstklassigen Setlist, die eine ausgewogene Mischung aus Songs des aktuellen Albums „Too Mean o Die“, des Erstling mit Mark Tornillo „ Blood of the Nations“ und natürlich jeder Menge Klassiker aus der Udo-Ära bis in die frühen Achziger beinhaltet.
Etwas überraschend fand auch „Objection Overruled“ den Weg auf die Setlist, wohingegen die Ballade „The Undertaker“ vom aktuellen Album leider nicht gespielt wurde. Doch zu meiner Entschädigung wurde auch in Sachen Ballade etwas für den geneigten ACCEPT-Fan geboten, denn mit „The Best is yet to come“ und „Shadow Soldiers“ gab es auch zwei Vertreter der etwas ruhigeren Art. Klasse Songs die zeigen, dass ACCEPT nicht nur mit Vollgastracks überzeugen können.
Im Mittelpunkt des Bühnengeschehens stand während des gesamten Auftritts hauptsächlich Gitarrero Wolf Hoffmann, der wie immer mit jeder Menge Grimassen, mal böse dreinblickend, dann wieder freundlich lächelnd, auf dem Frontlautsprecher stehend poste. Mal mit hochgehaltender Flying V im Schlangendesign des Albums, dann wieder mißbrauchte er sein Instrument als Maschinengewehr, immer wieder göttlich, was er für eine Power ausstrahlt und mit wieviel Gefühl er dann wieder zu Gange ist, einfach ein Meister auf den 6 Saiten…
Unterstützung erhielt Wolf von seinen beiden Mitstreitern Uwe Lulis und dem zuletzt hinzugekommenen Philip Shouse, wodurch nun die deutsche Triple-Axe-Attack entstand, wie man es ich dieser Wucht nur von den US-Metallern Leatherwolf kennt. Eine durchaus erfolgreiche Vergrößerung der Band, die nicht nur optisch einen echter Leckerbissen bietet, wenn die 3 Saitenkünstler zusammen mit Bassisten Martin Motnik parallel nebeneinander quasi im Gleichschritt die Solos performen. Auch musikalisch konnte durch die Hinzunahme von Shouse nochmals eine Schippe draufgelegt werden und der Sound wirkte nochmals einiges voluminöser.
Mark Tornillo bleibt da eher im Hintergrund und steht bei Accept nicht so sehr im Zentrum des Bühnengeschehens, wenngleich er an diesem Abend eine erstklassige Show abliefert und sicherlich Udo Dirkschneider inzwischen gleichwertig ersetzt. Nicht nur seine „eigenen“ Songs performt er perfekt, auch die älteren Gassenhauer sitzen inzwischen wie ein Maßanzug. Dies wird auch bei dem als „Riff Orgy“ benannten Medley aus den Frühwerken „Demon’s Night“, „Starlight“, „Losers and Winners „ und „Flash Rockin‘ Man“ deutlich, alles perfekt bis zum berüchtigten I-Tüpfelchen. Die Stimmung im Publikum ist blendend und so spürt man besonders bei Wolf den Spaß an dem Auftritt.
Auch die Rhytmussektion aus Martin Motnik am Bass und Drummer Christopher Williams liefert amtlich ab. Martin bleibt im Gegensatz zu seinem Vorgänger und Wolfs früherem Konterfei im Bühnenzentrum Peter Baltes eher im Hintergrund und tritt nur eher sporadisch ins Rampenlicht. Hier hatte Peter klar die Nase vorn.
Nach dem Oldi „Breaker“ wird dann mal für einen Moment der Fuß vom Gaspedal genommen. Mit „The Best is Yet to Come“ folgt die schon zur Tradition von ACCEPT gehörende Ballade des Abends. Sehr gefühlvoll, wieder einmal ein Meisterwerk in der Tradition von Songs wie „Winterdreams“ oder „The King“, gehören die Balladen einfach zu einem guten ACCEPT-Album bzw. Konzert.
Mit „Shadow Soldiers“ steigert man dann wieder langsam das Tempo, um mit „Hei Di Heido“ das bekannte Intro von „Fast As a Shark“ zu starten. Mark wirft bei der wohl allerersten deutschen Speedmetalnummer aus den frühen 80ern einen aufblasbaren Hai ins Publikum, der den Song entsprechend optisch untermalen soll. Doch wird der Hai recht schnell von einem entschlossenen Fan “geangelt“ und kann so nicht die ursprünglich geplante Reise durch die Zuschauermenge antreten. Stattdessen dürfte er künftig die Bude eines ACCEPT-Fans zieren, der ihm wohl nur am Baggersee etwas Auslauf gönnen wird.
Nach „Metal Heart“ folgen mit „Teutonic Terror“ und „Pandemic“ nochmals 2 Songs vom Tornillo-Debüt, womit auch der offizielle Teil beendet wird. Nach kurzer Pause eröffnet „Hung, Drawn and Quartered“ den Zugabenteil, ehe mit „Balls to the Wall“ einer der Songs folgt, der auf keinem Konzert von ACCEPT fehlen darf. Der nicht enden wollende Mitsingteil wird von den Fans gewaltig gestreckt, natürlich wie immer einer der Highlights des Abends. Den endgültigen Abschluss bildet der Uralt-Kracher „I’m a Rebel“, bei dem die Hütte dann nochmals richtig brennt und einen würdigen Abschluss eines tollen Auftritts bildet, der leider mal wieder viel zu schnell zu Ende war.
Fazit:
Auch fast 40 Jahre nach meinem ersten ACCEPT-Gig beim legendären Monsters of Rock in Karlsruhe konnten mich die Solinger auch mit neuem Lineup bei der diesjährigen „Too Mean To Die“-Tour wieder vollkommen überzeugen. ACCEPT liefern auch nach all den Jahren noch sehr regelmäßig einfach geile Songs ab, sodass die Setlist immer wieder durch neue Songs ergänzt werden können, auch wenn der ein oder andere Hit diesen zum Opfer fallen müssen.
Auch wenn leider von der alten Besetzung nach dem Ausstieg von Peter Baltes nur noch Wolf Hoffmann übrig geblieben ist, hat die Verjüngung der Band nicht geschadet und Songs wie „Balls to the Ball“, „Fast as a Shark“ oder „Metal Heat“ haben auch nach über drei Dekaden nichts an ihrer Faszination eingebüßt. Durch die Hinzunahme eines dritten Gitarristen gelang Wolf Hoffmann eine gelungene Frischzellenkur, mit Mark Tornillo haben ACCEPT einen würdigen Nachfolger von Udo Dirkschneider, der inzwischen auch den letzten Zweifler überzeugt haben dürfte und inzwischen auch schon seit fast 14 Jahren den Posten am Mikro bei der Band besetzt.
Bleibt nur zu sagen: ACCEPT geht immer, auch nach über 40 Jahren!
Setlist Accept:
- Zombie Apocalypse
- Symphony of Pain
- Restless and Wild
- Midnight Mover
- The Abyss
- Objection Overruled
- Overnight Sensation
- Riff Orgy (Medley: Demon’s Night / Starlight / Losers and Winners / Flash Rockin‘ Man)
- Breaker
- The Best Is Yet to Come
- Shadow Soldiers
- Princess of the Dawn
- Fast as a Shark
- Metal Heart
- Teutonic Terror
- Pandemic
Encore:
- Hung, Drawn and Quartered
- Balls to the Wall
- I’m a Rebel
Accept– Lineup 2023:
Mark Tornillo – Gesang
Wolf Hoffmann – Gitarre
Martin Motnik – Bass
Philip Shouse – Gitarre
Uwe Lulis – Gitarre
Christopher Williams – Drums
ACCEPT Online:
Setlist The Iron Maidens
- Intro. Doctor Doctor
- The Trooper
- Back in the Village
- Caught Somewhere in Time
- Brave New World
- Genghis Khan
- Wasted Years
- Phantom of the Opera
- Fear of the Dark
- Run to the Hills
- The Number of the Beast
Lineup The Iron Maidens
Linda McDonald („Nikki McBurrain“) – Drums
Wanda Ortiz („Steph Harris“)- Bass
Kirsten Rosenberg („Bruce Chickinson“) – Vocals
Courtney Cox („Adriana Smith“) – Gitarre
Nikki Stringfield „Davina Murray“) – Gitarre
The Iron Maidens Online: