38 Jahre ist es inzwischen her, als ich die deutschen Speedmetal Urgesteine von Helloween bei der „Keeper of the Seven Keys Tour“ 1987 zusammen mit Overkill als Support in Heilbronn das erste Mal live erleben konnte. Damals hatten die hoffnungsvollen Newcomer in der deutschen Metalszene gerade erst ihr zweites Album veröffentlicht und gemeinsam mit vielleicht 500-800 Metalfans (genauere Besucherzahlen im Intertreffs hab ich leider nicht gefunden) konnte man damals ein mehr als geniales Konzert einer jungen aufstrebenden Band erleben, ohne auch nur einen Schimmer davon zu haben, was knapp 40 Jahre später aus den jungen Wilden einmal werden sollte und sie heutzutage die größten Hallen in Deutschland ausverkaufen und auf den größten Festivals als Headliner auftreten würden.
Es war die Zeit, als sich in Deutschland die Metal-Undergroundszene aufmachte, endlich aus den dunklen Clubs hervorzutreten und das erste Keepers-Album nicht nur in der deutschen Metalszene einschlug wie eine Bombe. Nach dem rauen und ungeschliffenen „Walls of Jericho“-Album bekam der Sound der Band mit dem neuen Sänger Michael Kiske ein völlig neuen Klang und die Presse und Fans waren gleichermaßen aus dem Häuschen. Der Grundstein für die heute im Rückblick außergewöhnliche Karriere war gelegt.

Die Erinnerung an diesen Abend blieb bis heute bestehen, war es doch auch mein letztes Konzert, bei dem ich damals noch mit dem Familientaxi von den Eltern zur Halle kutschiert werden musste – danach gings dann endlich eigenständig zu den Metal-Gigs. Noch heute habe ich ein Konzertposter des Gigs in meiner Asservatenkammer, das Tourshirt habe ich im jugendlichen Leichtsinn leider irgendwann „entsorgt“, da es völlig ausgewaschen und löchrig war – aus heutiger Sicht ein unverzeihliches Missgeschick meinerseits. Waren das noch Zeiten, ohne Streaming, kein Youtube und auch die CD war gerade erst auf dem Vormarsch…
Doch nun genug in der Vergangenheit geschwelgt, kommen wir zur 40-Jahre Jubiläumstour der nach den Scorpions und Accept wohl größten Metalband aus Deutschland, die am 22.11. in Stuttgart ihren phenomenalen Tourabschluss in Europa finden sollte, bevor Helloween dann eigentlich in Richtung Asien aufbrechen wollten. Leider kam diese Woche die Nachricht, dass Michael Kiske krankheitsbedingt die Asien-Gigs nicht spielen kann, woraufhin man sich seitens der Kürbisköpfe dazu entschloss, die Tour zu verschieben, schließlich wollte man auch den asiatischen Fans nicht nur eine abgespeckte Helloween-Version bei der Jubiläumstour bieten. Mehr als fair für die dortigen Fans, trotz sicherlich logistischer Schwierigkeiten und zusätzlichen Kosten, so kurzfristig eine Tour zu canceln bzw. zu verschieben.

Geduldig und mit riesengroßer Vorfreude auf den Auftritt der Kürbisköpfe, warteten am Samstag 14.000 Fans in der ausverkauften Schleyerhalle auf den Start des Openers Beast in Black, dieum 19:15 Uhrfür knapp 60 Minuten das Publikum anheizen sollten. Die finnische Band sorgte mit ihren eingängigen Songs dafür, dass das Stuttgarter Publikum schnell auf Temperatur gebracht wurde. Wer die Band bislang nicht kannte, dürfte vielleicht wegen des für eine Metalband doch recht eigenwilligen Sounds überrascht gewesen sein, doch trotz der vielen Einspielungen vom Band sorgten die Finnen schnell für gute Stimmung in der Halle.

Auch wenn noch deutlich Luft nach oben auf dem Stimmungsbarometer war, und die Musik nicht jedermanns Sache war, konnten Frontmann Yannis Papadopoulos und seine 4 Mitstreitereinen gelungenen Auftritt auf die Bühne legen. Mir persönlich war der Sound zu sehr von den fast discoartigen Tönen geprägt, sodass man echt mehr als einmal Mühe hatte, die Gitarren oder das Schlagzeug klar herauszuhören.

Doch den eingefleischten BiB‑Fans gefiels und so wurden die Songs der bisher erschienenen drei Studioalben der Band abgefeiert, wobei der Titelsong „Beast in Black“, „Cry Out for a Hero“ oder“ One Night in Tokyo“ sicherlich zu den Highlights gehörten.

Sofort fiel das neue Gesicht an der Gitarre ins Auge, hatte doch der langjährige Gitarrist Kasperi Heikkinen am 22. Oktober überraschend die Band verlassenund so musste kurzfristig Ersatz gefunden werden. Daniel Freyberg (Crownshift, ex Childrem Of Bodom) sprang für Kasperi ein und meisterte seine Aufgabe nach kürzester Einarbeitungszeit souverän. Mit außerordentlich viel Partyfeeling sorgten Beast In Black für einen gelungenen Auftakt an einen gelungenen Konzertabend, der seinen Höhepunkt noch vor sich hatte. Die Band wirkte gut gelaunt, besonders Drummer Atte Palokangas hatte sichtlich Spaß bei der Arbeit und grinste fast die gesamte Spielzeit hinter seinem Schlagzeug hervor.
Insgesamt kein schlechter Auftritt, auch wenn mir persönlich das ganze Soundgefilde mit Einspielungen vom Band doch etwas zu viel „Modern Talking auf Metal-Tripp“ war, so dass mich der Auftritt insgesamt nicht wirklich umgehauen konnte.
Aber wegen Beast in Black waren wohl heute auch die wenigsten Besucher in die schwäbische Landeshauptstadt gekommen und so stieg die Spannung bis dann gegen 21:15 Uhr endlich mit dem Intro „We will entertain you“ von Robbie Williams sehr passend das Motto des heutigen Auftritts angestimmt wird.

Es folgen 140 Minuten bester Unterhaltung mit einem „Best of“ aus 40 Jahren Helloween-Geschichte, die die 14.000 Zuschauer von der ersten Sekunde an begeisterte. Als der Vorhang fällt und den Blick auf die Bühne freigibt, geht das Stuttgarter Publikum sofort ab wie Schmitz`s Katze. Ob bei den alten Speedkracher aus den Anfangstagen, wie das von Kai Hansen gesungene „Ride The Sky“, den großen Hits „Future World“ oder „Dr. Stein“ bis hin zu neueren Hymnen wie „This is Tokyo“ oder der aktuelle Hitsingles „A Little Is a Little Too Much“, die Hamburger Band kann sich auf ihre treuen Fans verlassen.

Lautstarke Fanchöre unterstützen die beiden Hauptsänger Michael Kiske und Andi Deris, die sich am Mikro grandios ergänzen und sich den Ball, oder besser gesagt das Mikro, sprichwörtlich mehr als einmal gekonnt zuwerfen. Es ist eine Freude den beiden zuzusehen und man merkt auch den anderen Musikern an, dass sie großen Spaß an heutigen Auftritt haben. Basser Markus Grosskopf ist schelmisch wie immer, und auch das hanseatisch-schwäbische Gitarrentrio überzeugt mit ungeheurer Spiellaune: Kai Hansen ist noch immer eine Waffe mit seinen schnellen Riffs, dagegen mimt Michael Weikath eher den ruhigen in sich gekehrten Gitarrero. Sascha Gerster begeistert eher unaufgeregt mit präzisem Spiel und besticht zudem optisch mit seinem außergewöhnlichen Gerstner-Gitarrendesign.

Mit dem Opener „Invitation/March is Time“ aus dem zweiten Teil der Keepers-Triologie der Kürbisköpfe geht’s gleich mal flott zur Sache. Schnelle Riffs und das phantastisches Gesangsduo Kiske/Deris sind inzwischen das Markenzeichen der Band, dazu gibt’s live die treibenden Drums von Dani Loeble hinter seinem riesigen Schlagzeug. Mit Ausnahme eines kurzen Akustiksets von Kiske und Deris hauen uns die Hamburger die nächsten 140 Minuten einen pfeilschnelle Hit nach dem anderen um die Ohren, haben aber mit einigen seltener gespielten Songs wie „Hey Lord“ vom Better Than Raw-Album oder „Hell Was Made in Heaven“ vom oft kritisierten Rabbit-Album auch die ein oder andere Überraschung mit auf die Setlist gepackt.
Die Begrüßung der Fans und die Einstimmung ins Programm übernimmt der mystische und geheimnisvolle Keeper (of the Seven Keys), der immer mal wieder zwischen den Songs auf der Videowall auftaucht und durchs Programm führt.

Bestens gelaunt präsentieren sich die Pumpkins an diesem Abend von ihrer besten Seite, haben sich die 7 Musiker doch nach ihrem Comeback 2016 auch zu einer eingeschworenen und eingespielten Gemeinschaft entwickelt, keinerlei Rivalitäten zwischen den Musikern sind zu erkennen. Jeder der Musiker bekommt seinen Platz im Set und auf dem Laufstegs in die Mitte der Bühne, um sich in vorderster Front den Fans und Fotografen zu zeigen, alles bei besten Licht- und Soundverhältnissen, was in der Vergangenheit in Stuttgart nicht immer der Fall war.

So wird der Auftritt zum absoluten Genuss für alle Anhänger von melodischem Speedmetal Made in Germany. Bereits nach wenigen Songs ertönen erste „Oh wie ist das Schön-Gesänge“ in der Schleyerhalle, was nicht nur daran liegt, dass 3 Musiker der Band quasi ein Heimspiel haben, kommen doch Andi Deris, Dani Loeble sowie Sascha Gerster alle drei aus Baden-Württemberg. Daran ändert auch nicht der Umstand, dass der Rest der Band „Fischköppe“ sind, wie Deris schmunzelnd erwähnt.

Bei seinem kurzen Drumsolo darf dann auch der sonst hinter seiner Schießbude verschanzte Dani Loeble in den Mittelpunkt des Geschehens treten und die Blicke auf sich ziehen. Eigentlich der einzige Moment, den Drummer mal zu Gesicht zu bekommen, der wie bei Maschinengewehrsalven punktgenau die Doublebass-Attacken raushaut und live einen gehörigen Anteil zum Speed der Band beisteuert.
Einer der Highlights wird das gemeinsame Duett von Michael Kiske und Andi Deris, die die Raucherpause der Vielraucher in der Band zu zweit nur mit Akustikgitarre bewaffnet bei Ihrem Akustikset aus „In the Middle of a Heartbeat“ und dem genialen „ A Tale That Wasn’t Right“ überbrücken und zusammen mit den Handyleuchten der Fans für Gänsehaut bei Candle-Light-Stimmung in der Halle sorgen.

Mit „A Little Is a Little Too Much“ folgt dann einem meiner Highlights des Abends, saustarker Beitrag von Andi, bevor mit „Heavy Metal is the Law“ wieder mächtig Gas gegeben wird und Kai Hansen erneut den Gesang übernimmt. Die Frage von Kai an die Fans „ob Sie Bock auf Heavy Metal haben“, erübrigt sich natürlich, denn der Song spricht den Fans direkt aus der Seele, gehört der Klassiker aus der Anfangszeit doch fest ins Programm der Hanseaten. Mit dem genialen „Halloween“ ist dann leider schon das Ende des regulären Sets erreicht.

Nach lauten Zugaberufen und „Helloween“ Chören wird dann auch der Zugangenteil mit „Eagle Fly Free“ und einem riesigen animimierten Adler fulminant eröffnet, dass sogar Saxon neidisch werden dürften. Es folgt „Power“ und natürlich darf auch „Dr. Stein“ bei der Jubiläumstour nicht fehlen. Einzig der Umstand, dass „Keeper of the Seven Keys“ nur als Outro zum Zuge kam, war etwas bedauerlich.

Unter tobendem Applaus der 14.000 Helloween-Fans verabschieden sich die 7 Musiker dann nach 140 Minuten mitreisendem Powermetal von ihren begeisterten Fans. Zur Belohnung gabs für die Fans in vorderster Front noch jede Menge Bandsouvenirs wie Drumsticks, Drumheads und auch Plektren werden in großer Zahl unterm Fanvolk verteilt. Schade nur für den jungen Helloween-Fan, dass das Drumhead von Dani nicht im Vorfeld von der Band signiert wurde. Dafür gab`s allerdings Autogramme direkt von der Bühne runter – auch nicht schlecht!

Trotz dieses Umstands dürfte der kleine Helloweenie den Abend wie auch die anderen Besucher nicht so schnell vergessen, war es doch insgesamt ein rundum gelungener Abend mit tollen Songs, starker Show und einer gut begeisternden Band, die weit mehr zu bieten hatte als heutzutage übliche 90-100 Minuten Programm. Auch meine ursprünglichen Bedenken zur Stimme von Michael Kiske waren heute unbegründet, hatte er mir zuletzt bei der Budokan-Livescheibe stimmlich nicht so gefallen.
Leider wurde beim europäischen Tourabschlusses in Stuttgart auf jeglichen Schabernack seitens der Crew verzichtet wurde, hier hatten wir doch auf einige Überraschungen und Specials gehofft. Zum Vergleich gab`s eine Woche zuvor beim Tourfinale von Saltatio Mortis nebenan in Ludwigsburg jede Menge lustiger Gags der Crew zu bestaunen, die der mal wieder überragenden Show der Mittelalterrocker das zusätzliche gewisse Etwas verliehen haben.
Doch das ist jetzt wirklich Jammern auf allerhöchstem Niveau, denn der Auftritt und die prall gefüllte Setlist lies nur wenige Wünsche der Fans unerfüllt, auch wenn natürlich „Keepers of the Seven Keys“ als Vollversion zum Abschluss der krönende Abschluss gewesen wäre.
Setlist Beast in Black
- Power of the Beast
- Hardcore
- From Hell With Love
- Blood of a Lion
- Cry Out for a Hero
- Sweet True Lies
- Enter the Behelit
- Beast in Black
- Die by the Blade
- One Night in Tokyo
- Blind and Frozen
- No Surrender
- Burning Heart (Survivor song)
Setlist Helloween
- Intro: Let me entertain you (Robbie Williams -Cover)
- Interlude / March of Time
- The Keeper (vom Band)
- The King for a 1000 Years
- Future World (w/ Gorgar intro snippet)
- This Is Tokyo
- We Burn
- Twilight of the Gods
- The Keeper (vom Band)
- Ride the Sky
- Into the Sun
- Hey Lord!
- Universe (Gravity for Hearts)
- Hell Was Made in Heaven
- Drum Solo
- I Want Out
- In the Middle of a Heartbeat (mit „Suspicious Minds“ + „Yesterday“-Intro)
- A Tale That Wasn’t Right (mit „ Longing“ Intro)
- A Little Is a Little Too Much
- Heavy Metal (Is the Law)
- The Keeper (vom Band)
- Halloween
- Encore:
- Invitation
- Eagle Fly Free
- Power
- Dr. Stein
- Keeper of the Seven Keys (Outro)
Fotocredits: ©Live it Loud-Pics by Thomas Jenne











































































