NIGHTWISH – Neues Album „Yesterwynde“ der Symphonic -Metaller erscheint am Freitag – Albumreview

Mit „Yesterwynde“ steht ab dem 20. September das inzwischen 10. Studioalbum der finnischen Symphonic-Meister von NIGHTWISH in den Regalen. 4 Jahre nach dem großartigen „Human:II: Nature“ aus dem Jahr 2020, das noch kurz vor der Pandemie das Licht der Welt erblickte, startet die Band von Hauptkomponist und Mastermind Tuaomas Holopainen nun mit 11 neuen Songs voll durch.

Nachdem die Band im April letzten Jahres eine längere Livepause verkündet hatte, warteten die Fans seit der Ankündigung des neuen Albums sehnsüchtig auf ein neues musikalisches Lebenszeichen ihrer Lieblinge. Nach drei mehr als vielversprechenden Vorabauskopplungen liegt das neueste Studioalbum nun für die Veröffentlichung bereit. Wie schon zu erwarten war, haben NIGHTWISH mit „Yesterwynde“ nicht einfach ein weiteres Album an den Start gebracht – nein, wieder einmal haben die 6 Musiker, allen voran natürlich Bandleader und Hauptsongwriter Tuomas Holopainen, all ihre Fähigkeiten in die Waagschale geworfen und erneut ein ganz besonderes Album geschaffen. Holopainen ist ja bekannt für seine extravaganten und unkenventionellen Kompositionen, die vor hymenhaften Songs und orchestralen Überraschungen nur so sprühen. Auch wenn sich mir die Inhalte der Texte nicht richtig erschließen wollen, auch dieses Mal hat der finnische Keyboardgott wieder jede Menge zauberhafte Klänge auf seinem Tasteninstrument erschaffen, die mich als alter Anhänger der Band trotzdem wieder mitreißen. Musikalisch haben Nightwish im Gegensatz zum Vorgängeralbum was die Instrumentenvielfalt und komplexen Arrangements betrifft nochmals eine ordentliche Schippe draufgelegt, .

Tuomas Holopainen sagt über das neue Album:
„Yesterwynde is a fantastical voyage through time, memory, and the better angels of human nature.
Three years in the making, we`re thrilled beyond words to soon share our tenth album with the world!“

(Photo credit: Tim Tronckoe)

Schon der Albumtitel „Yesterwynde“ bringt eine gewisse Magie ins Spiel und wirft kleine Fragezeichen auf, eine Wortkreation des Bandleaders, die so bislang in keinem Duden zu finden war. Es darf gerätselt werden, was es mit dem Titel auf sich hat und jeder Hörer darf sich so seine eigenen Gedanken darüber machen.

Bereits mit dem episch anmutenden Intro „Yesterwynde“ beginnt bei Zuhören unweigerlich das Kopfkino zu laufen. Stellvertretend dafür beginnt das Albumintro wie ein alter Kinoklassiker mit dem Knattern eines Filmprojektors, bevor es fließend mit sakralen Tönen weitergeht und in orchestralen Arrangements mündet, die das Kopfkino und die Gedanken schnell in Richtung einer einsamen Insel schweifen lässt. Klingt irgendwie nach Irland, sodass schnell grüne Wiesen beim Hören vor dem geistigen Auge auftauchen.

Nach dem verhaltenem Beginn, der etwas an frühere Nightwish-Songs der Anfangstage erinnert, geht dann jedoch recht bald die Post ab. In „An Ocean Of Strange Islands“, gleichzeitig die dritte Singleauskopplung des Albums, werden in der fast 10-minütigen Spielzeit alle Register der Genialität des Band gezogen.

Symphonische Instrumentalisierung, epische Melodien und hmynische Klangwelten für`s Kopfkino, wie man sie sonst so nur von Filmsoundtracks à la Hans Zimmer kennt – oder eben von der Musik von Tuomas Holopainen (bzw. Nightwish). Fantastische Melodien und Arrangements, eine wahre Hymne, die bei jedem Durchlauf immer wieder neue Details entdecken lässt, dazu Frontfrau Floor Jansen mit ihrem göttlichen Organ in Höchstform, einfach genial. Mit Ihrem hohen Gesang, der dennoch jederzeit glasklaren Stimme, begeistert sie zu jeder Sekunde des Songs, ergänzt im Hintergrund durch engelartige Chöre. Gleich am Anfang des Albums wird schon mal wieder die Genialität eines Tuomas Holopainen erkennbar, der es immer wieder von neuen schafft, durch seine fast schon nicht mehr menschlichen Fähigkeiten zu begeistern weis. Was ein gigantisches Ende des Songs, das jede Menge Irish-Feeling versprüht. Erinnert mich stark an die Titelmusik der TV-Serie „David Balfour“ aus den 70er (!) Jahren.

Mit dem zweiten Track „The Antikythera Mechanism“ wird es als Gegenpol etwas wild und unkonvenzionell, fast schon chaotisch. Schnelle Breaks, wilde Violinienwände und teils abgehackte Vocals der Niedeländerin, dann wieder ruhigere Phasen, der Song ist etwas verzwackt und nicht ganz so eingängig und schnell verdaulich, es braucht etwas Zeit, bis man alle Details richtig einsortiert hat. Nach schnellen Parts wird kurz mal der Anker geworfen, ehe es wieder mit Vollgas weitergeht. Stark.

Mit der ersten Singleauskopplung „The Day of….“ folgt für mich das Highlight des Albums! Der Song besticht durch seine sich steigernde Dramatik und vor allem den Kinderchor, der den Chorus übernimmt und mit dem völlig neue Klänge in den Nighwish-Soundkosmos Einzug halten. Der Midtemposong besticht durch den Wechsel zwischen Floor und den Kinderstimmen und durch das gelungene Duell der schnellen Gitarren von Emppu und den dominanten Keyboards von Tuomas im Soloteil. Die beiden schaffen mit ihrem Spiel die nötige Härte in dem sehr symphonischen Song. Ein genialer Track!

Auch das folgende „Perfume Of tThe Timeless“ gehört in die Kategorie „Geniale Momente in der Phantasiegedankenwelt des Tuomas Holopainen“. Wie schon auf seinem Soloalbum „The Life and Times of Scrooge“ von 2014 beginnt der Song fast schon wie ein Filmsoundtrack, ehe nach der sich immer weiter steigenden musikalischen Dramaturgie Floor einsteigt und mit Ihrer Stimme den Song stetig mehr in Richtung (Metal-) Nightwish lenkt. Der fast schon anklagende variable Gesang passt hier wunderbar und langsam steigert sich auch das Tempo um in einem Wahnsinns Refrain zu münden. Genial die Untermalung durch die klassischen Instrumente und Bläser, hier wird richtig hingeklotzt. Was wäre das ein Erlebnis, diesen Song mal mit einem großen Orchester live auf der Bühne zu sehen und zu hören!
Dann erneut ein Break und es wird wieder ruhiger, ohne die Spannung zu verlieren. Multitalent Troy Donnokley steigt in den Gesang ein. Untermalt mit feinem Harfenspiel, wird das Finale des Songs ruhiger eingeläutet. Eigentlich hatte ich nochmals einen Tempoanstieg zum Ende erwartet, doch es bleibt beim „zarten“ Finale. Wohl von Tuomas bewusst so geplant, als Vorbereitung für das folgende „Sway“, eine schöne Ballade mit Akkustik-Gitarre und klassischen Instrumenten, das ebenfalls von Floor und Troy gemeinsam intoniert wird. Träumen ist angesagt, erinnert vom Style her etwas an „Harvest“ vom Vorgängeralbum.

Bei „The Children of` Ata“ wird´s dann anfangs etwas orientalisch, das mit einem fremdsprachigen, gesprochenen Intro startet. Nach den anfangs fast schon dicco/poppigen Sounds mit tollem Key-Effekt wird langsam Fahrt aufgenommen, Floor schiebt gesanglich behutsam den Geschwindigkeitsschieber nach rechts, ehe wieder der für Nightwish inzwischen typische Bombastrock eingeläutet wird. Ein hartes Riff, mit „Tribal“-ähnlichem abgehackten Huh-Rufen und Sprachgesang, dazu zum Kontrast Floor`s bezaubernde Stimme, die dem Refrain etwas Magisches verleihen.

 „Something Whispered Follow Me“ erinnert mich von der gesanglichen Seite an Floor`s Soloalbum, das recht poppig daherkommend. Hatte man so in der Art noch nicht im Hause von Nightwish gehört. Interessant die Zitter, dennoch für mich nicht der stärkste Song des Albums, der jedoch seinen ganz eigenen Höhepunkt im meisterhaften Finale besitzt. Ein tolles Gitarrensolo von Emppu und vor allem das langgehaltene und Gänsehaut schaffende Ahhhh-Gesangs-Outro am Ende begeistert dann doch noch.

Leider fällt die zweite Albumhälfe in meinen Augen etwas ab, mir fehlen hier etwas Härte und Wucht in den Songs. Zu sehr dominieren die balladesken und ruhigeren Töne. „Spider Silk“ als Mittempotrack mit gelungenem Auftakt und eingängiger Melodieführung kann mich noch überzeugen haut mich aber dank der albuminternen Konkurrenz jetzt nicht völlig um. Auch das darauf folgende „Hiraeth“, abermals mit Troy am Gesang, verweilt eher in ruhigerem Fahrwasser und erinnert mich musikalisch an alte „Angels Fall First“-Zeiten. Einzig beim Soloteil nimmt der Song nochmals Fahrt auf und auch das Ende mit den erneut langgezogenen Stimme von Floor ist wieder sehr gelungen. „The Weave“ bringt dann zwar nochmals etwas wuchtigere Töne ins Spiel, steigert sich im Mittelteil und die Orchesterparts wissen zu gefallen, doch wird der hohe Gesang von Floor hier schon etwas anstrengend. Der Song wird sicherlich nicht zu meinen Alltime-Faves avancieren.

Zum Ende gibt’s dann nochmals etwas Gefühlskino für die Ohren. Die Piano-Ballade „Lanternlight“ wirkt wie gemacht für stille Stunden in trauter Zweisamkeit. Auch die hauchende und etwas schmachtende Stimme von Floor leistet ihren Beitrag dazu, da ändert auch Troy`s männlicher Part nichts mehr.
Mir ist das dann jedoch etwas zu viel Titanic-Theatralik.

Mit dem Ende der ratternden Filmrolle ist dann auch das Finale von „Yesterwynde“ erreicht und „The End“ ist auf dem imaginären Filmabspann zu sehen.

Fazit:

Auch mit Album Nr. 10 schaffen es Nightwish mal wieder, ihre Ausnahmestellung im Symphonic-Metal zu manifestieren. Auch wenn nicht alles auf „Yesterwynde“ golden glänzt, so ist doch vieles mehr als nur aus Edelmetal geschmiedet. Meister Holopainen hatte sich in den vergangenen 3 Jahren wohl viele Monate in den dunklen Wäldern von Finnland verbarrikadiert, um erneut einen musikalischen Leckerbissen zu komponieren, was ihm zweifellos gelungen ist.

Waschechte Metalheads werden vielleicht etwas enttäuscht sein, denn echte Metalkracher à la „Wish i Had an Angel“ oder „Planet Hell“ findet man eher nicht. Die phantastischen, teils nach Filmmusik zu einem Blockbuster klingenden Klangwelten von „Yesterwynde“ sind sicherlich eher weniger geeignet, um sie „einfach mal nebenbei zu hören“. Dank der vielen kleineren Details und der genialen Orchesterarrangements begeistern die Songs vor allem beim intensiven Hören per Kopfhörer und entfalten so erst ihre ganz spezielle Magie.

Insgesamt begeistern die Songs mit wenigen kleineren Ausnahmen vor allem auch durch die fantastische Gesangsleistung von Frontfrau und Stimmenwunder Floor Jansen, deren Stimme in den letzten Jahren eine unglaubliche Entwicklung genommen hat.

Auch wenn mir die sanften Töne insgesamt doch etwas zu zahlreich in den Songs vertreten sind und die schmachtenden Parts besonders bei Schlußtrack „Laternlight“ fast schon grenzwertig sind, macht es insgesamt trotzdem Spaß, sich die Scheibe am Stück anzuhören.

Hightlight für mich die eher typischen Nightwish-Hymne „An Ocean Of Strange Islands“ und „The Days of…“, dass besonders durch die Zusammenarbeit mit dem Kinderchor mit für Nightwish völlig neuartigen Soundelementen mitreißt.



Von mir gibt’s sehr gute 9 Bangs

neun von zehn

Tracklist:

 01 – Yesterwynde 2:43    

 02 – An Ocean Of Strange Islands    9:26    

 03 – The Antikythera   5:55    

 04 – The Day Of…  4:34    

 05 – Perfume Of The Timeless  8:12    

 06 – Sway    4:24    

 07 – The Children Of ‚Ata    5:38    

 08 – Something Whispered Follow Me  6:40    

 09 – Spider Silk    6:26    

 10 – Hiraeth   6:15    

 11 – The Weave   4:54    

 12 – Lanternlight     6:07    

„Yesterwynde“ erscheint in den verschiedensten Ausführungen auf CD und Vinyl und kann beim Plattenlabel Nuclear Blast , im Nightwish-Online-Shop oder in diversen Shops bestellt werden.

Nightwish Line-Up:

Floor Jansen | Vocals
Tuomas Holopainen | Keys
Emppu Vuorinen | Guitars
Jukka Koskinen | Basses
Troy Donockley | Uilleann Pipes, Low Whistles, Acoustic & Electric Guitars, Bouzouki, Bodhrán, Aerophone, Vocals
Kai Hahto | Drums & Percussion

NIGHTWISH online:
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By Thomas

Musikalisch bin ich seit den 80er vor allem im melodischen Hard& Heavy-Dschungel unterwegs und immer auf der Suche nach neuen und alten Perlen. Meine absoluten Faves sind Queenaryche, Y&T, Die Toten Hosen... u.v.a.....inzwischen kann ich mich aber auch für Mittelalterrockband wie Feuerschwanz oder Saltataio Mortis absolut begeistern. Ab und an geht mein Blick aber auch mal über den Tellerrand in Richtung Speed/Trash/Death...solange Melodien erkennbar sind. Auch wenn ich schon zu der Ü50-Fraktion gehöre, findet man mich bei Konzerten und Festivals fast immer Front of Stage, denn Sitzplatz beim Rockkonzerten, das passt bei mir einfach nicht zusammen. Erst wenn es ohne Rollator mal nicht mehr gehen sollte, ist die Tribüne vielleicht ne Alternative.

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