„Wilds“ ist eine Sammlung von neun Songs, die aus etwa fünfzig Tracks ausgewählt wurden, die Shauf während der Arbeit an seinem viel gelobten letzten Album „The Neon Skyline“ (2020) aufgenommen hat. Die ungefilterte Rohheit der Songs auf „Wilds“ ist ein aufschlussreicher Einblick in Shaufs Denkweise während der Zeit, in der er „Skyline“ schrieb, und wird in einer nahezu ungefilterten Form präsentiert. Obwohl es nicht notwendig ist, „The Neon Skyline“ zu kennen, um „Wilds“ zu verstehen, kann das Album sicherlich als ein Begleitstück zu dieser Platte interpretiert werden, ein Wiedersehen mit den zum Scheitern verurteilten Liebenden in den verschiedenen Phasen ihrer Beziehung. Die Songs werden hier in ihrer ursprünglichsten Form präsentiert – Shauf spielt alle Instrumente, denkt sich die Arrangements spontan aus und nimmt alles selbst mit einer kleinen Bandmaschine“ in seinem Studio in Toronto auf.
Alle Songs auf „Wilds“ wurden in einer Zeit geschrieben und aufgenommen, in der Shauf von der Idee, die Geschichte von „Skyline“ auf eine Nacht in einer Bar zu konzentrieren, nicht mehr begeistert war. Um die Schreibblockade abzuschütteln, begann er mit einem anderen Konzept zu experimentieren und schrieb Songs über eine Frau namens Judy. Shauf beschloss schließlich, zu seinem ursprünglichen Plan zurückzukehren, aber die kreative Übung war grundlegend für das, was „Skyline“ schließlich wurde.
Wenn man seine Songs in „Spanish On The Beach“ zum ersten Mal hört, zeigt sich nicht nur, wie gut Shauf als Songwriter ist, sondern auch, wie persönlich seine Lieder sind, wenn man sie von der Inszenierung einer konzeptionellen Geschichte loslöst. Das heutige Angebot, „Jaywalker“, ist eine langsame Ballade, die nominell die Geschichte einer Person erzählt, die nicht darauf achtet, wohin sie geht, während sie die Straße überquert, und am Ende des Liedes allein in einem Krankenhaus aufwacht, mit einem Traum von Judy, die ein Auto fährt, und keiner Ahnung, was zum Teufel passiert ist. Aber wenn man etwas tiefer blickt, stellt man fest, dass Shauf ein weitaus existenzielleres Thema erforscht: die Erfahrung der verlorenen Seele, die sich durch das Leben schlängelt („Hanging around town never looked on you“), die Depression auf niedrigem Niveau, die so verbreitet ist, dass sie für alle anderen unsichtbar ist („All of your friends started wondering why/ You were choking back tears at an easy goodbye“), und die guten und schlechten Möglichkeiten, die das Leben einem bieten kann, wenn man es am wenigsten erwartet.
Letztendlich ist „Wilds“ nicht nur eine weitere Runde auf dem Barhocker in der „Skyline“ – diesmal ein bisschen weiser, mit ein bisschen mehr Klarheit – sondern ein eigenständiges Kapitel in Shaufs eigener künstlerischer Geschichte. Die organische Natur der Songs lässt die Geschichten, die sie erzählen, wahrhaftiger erscheinen als das Leben, das man im Moment erlebt, und nicht durch sorgfältig editierte Worte auf einer Seite oder durch den goldenen, unzuverlässigen Schleier der Erinnerung.