In Pandemie-Zeiten haben aufgrund fehlender Auftrittsmöglichkeiten wohl viele Musiker Langeweile und stürzen sich daher, bevor ihnen die Decke auf den Kopf fällt, verstärkt in die Studioarbeit: Das dürfte den Fans natürlich nicht ganz unrecht sein, kommen sie doch teils erheblich früher in den Genuss neuer Mucke ihrer Lieblingsbands.
Auch wenn Sänger Tom S. Englund zusammen mit dem Pianisten Vikram Shankar erst vor kurzem mit seinem Side-Projekt Silent Skies ihr Debutalbum „Satellites“ veröffentlicht haben, ist es nicht verwunderlich, dass nun auch die Mannen von EVERGREY zwei Jahre nach ihrem 2019 erschienenen Album „The Atlantic“ den nächsten Longplayer auf den Markt bringen.
Die immer größer werdende Fanbase wird’s freuen, sie warten schon gespannt auf das am 26.02. erscheinende Nachfolge-Album „Escape of the Phoenix“, welches nach dem Abschluss der konzeptionellen Trilogie der drei Vorgängeralben nun auch inhaltlich neue Wege einschlägt.
Inmitten dieser speziellen Ausnahmezeiten haben Sänger Tom S. Englund und Schlagzeuger Jonas Ekdahl bereits im Januar letzten Jahres mit dem Komponieren der Songs begonnen, um im Anschluss daran mit kompletter Bandbesetzung die Lieder endgültig fertigzustellen und zu arrangieren. Für die Erschaffung des inzwischen 12. Albums der Band war es im Gegensatz zu früheren Produktionen vorteilhaft, dass es keine Unterbrechungen durch Reisen, Termine und Live-Auftritten gegeben hat, sodass man sich im Lockdown zusammen mit Produzent Jacob Hansen voll auf die Arbeiten zu „Escape of the Phoenix“ konzentrieren und das Album am Stück einspielen konnte.
„Escape of the Phoenix“ zeigt einmal mehr, welch großartiger Texter Tom S. Englund ist, der auf diesem Album teils sehr persönliche Ansichten über die Welt und die Menschheit zum Inhalt seiner Songs macht. Dabei werden auch ganz persönliche Beziehungen thematisiert.
„Ich schreibe Texte für mich, um Dinge aus meinem System herauszuholen“, sagt Englund. „Das war in den letzten 25 Jahren wirklich meine Therapie. Ich bin mir wirklich sicher, dass ich, wenn ich das nicht tun würde, eine viel unglücklichere Person wäre. Ich muss der Musik für alles danken, besonders für die Möglichkeit, das Verfassen von Texten als Ventil zu benutzen. Es gibt Theorien darüber, ob das Schreiben von Dingen für oder an sich selbst therapeutisch ist, und ich bin überzeugt, dass es wahr ist. Das Verfassen der Texte ist für mich äußerst wichtig, genauso wichtig wie das Schreiben der Musik. Manchmal ist es sogar wichtiger. Es ist, als würde ich ein Bild mit Worten malen. Ich sehe wirklich deutlich, worum es geht; es ist wie eine eigene Welt für mich.“
Wie man es von EVERGREY gewohnt ist und auch sicherlich erwartet, bildet „Escape of the Pheonix“ eine perfekte Mischung aus den typischen Trademarks der Schweden. Auch dieses Mal treffen wieder die charismatische, melancholisch angehauchte Stimme von Tom S. Englund auf die unglaubliche Wucht und Power ausstrahlenden Melodien, die sich aus Keyboardsätzen und den gewaltigen Riffs von Henrik Denhage zusammensetzen. Alles zusammen schafft den typischen EVERGREY-Sound, der vor allem live wie eine Monsterwelle über einen hinwegrollt und einen umzuhauen droht.
Los geht’s gleich mit dem powervollen Opener „Forever Outsider“ und „Where August mourn“, die auch beide bereits als Video veröffentlicht wurden.
Sie zeigen, wo die Wurzeln der Band liegen: Ganz klar im progressiven, melodischen Power Metal mit krachenden Riffs, bei denen sich Tom und Henrik perfekt ergänzen.
Zwischen den Metalsongs werden auch immer mal wieder ruhige Momente eingestreut, in denen Tom sein unglaubliches Gespür für anspruchsvolle, powervolle Balladen zeigt wie beim an das Silent Skies-Album erinnernde „Stories“ mit Klavierpassagen von Rikard oder dem sehr persönlichen „You for You“.
Bei „The Beholder“ bekommen EVERGREY Unterstützung von DREAM THEATRE-Sänger James LaBrie, der hier als Special Guest seinen Auftritt hat. Labrie wurde von Tom als einer der Schlüsselfiguren in seiner musikalischen Entwicklung bezeichnet. Umso mehr dürfte er sich darüber gefreut haben, als er die Zusage von James für die Zusammenarbeit bekam.
Englund: „Ich habe James einfach geschrieben, ihm von der Idee berichtet und ihn wissen lassen, dass wir ihn wirklich gern an Bord hätten. Er mochte den Song und hat zugesagt. Ich finde, dass der Song perfekt geworden ist. Der Song hat dieses eine Keyboard-Break, und die ganze Band sagte, ‚an der Stelle brauchen wir James LaBrie.‘ Er klingt einfach fantastisch auf dem Track, und auch zusammen klingt es großartig.
Mit geiler Keyboardmelodie beginnend, folgt nach getragenem Beginn von Tom ein toller Refrain, ehe James ins Geschehen eingreift und ein Duett mit Tom abliefert. Für meinen Geschmack hätte man James ruhig noch etwas mehr in den Vordergrund setzen können, bleibt er doch meist eher dezent im Hintergrund. Trotzdem ein toller Song.
Gegen Ende des Albums folgen mit „Leaden Saint“ und dem Abschlusssong „Run“ nochmal zwei typische Evergrey-Songs mit wunderbaren Keyboards von Rikard.
Fazit:
Insgesamt bekommt man, was man von Evergrey erwartet hat. Ein powervolles Album mit melodischem, teils etwas progressiv angehauchtem Power Metal. Auch wenn „Escape of the Phoenix“ nicht an mein Lieblingsalbum „Hymns for the Broken“ heranreichen kann, ist die neueste Scheibe keinesfalls mittelmäßiges Output. Sicherlich braucht man den ein oder anderen Durchlauf länger, bis das Album so richtig zündet, aber dann zeigt sich doch wieder, welche klasse Songs und Alben die Schweden inzwischen regelmäßig abliefern.
Besonders auffällig finde ich diesmal das Bassspiel von Johan Niemann, dessen Viersaiter teils wunderbar durch die Songs „schrammelt“ … genial.
Unverständlich bleibt mir allerdings weiterhin, warum EVERGREY noch immer (wie auch schon in Vor-Corona-Zeiten) in kleineren Hallen und Clubs vor oftmals nur 300-500 Leuten auftreten müssen, denn live sind sie einfach eine Wucht. Wer die Schweden bislang noch nicht live erleben konnte, sollte sich bei nächster Gelegenheit auf der hoffentlich stattfindenden „Recharching-Tour“ unbedingt einen Gig anschauen, denn live werden neben den unverzichtbaren Band-Klassikern wie „King of Errors“ oder „Recreation Day“ auch sicherlich die neuen Songs eine gute Figur abgeben.
Anspieltipps für alle Nicht-EVERGREY-Hardcore-Fans sind „Eternal Nocturnal“ und „Forever Outsider“. Alle Fans der Band werden sowieso das gesamte Album lieben.
Von mir gibt’s gute 9 von 10 Bängs für „Escape of the Phoenix“
„Escape of The Pheonix“ erscheint am 26.02.2021 bei AFM-Records
Tracklist:
- Forever Outsider
- Where August Mourn
- Stories
- Dandelion Cipher
- The Beholder
- In Absence Of Sun
- Eternal Nocturnal
- Escape Of The Phoenix
- You From You
- Leaden Saint
- Run
EVERGREY – Lineup:
Tom S. Englund – Vocals, Guitars
Henrik Danhage – Guitars
Rikard Zander – Keyboards
Jonas Ekdahl – Drums
Johan Niemann – Bass
Recharging Europe Tour 2021:
08.10.2021 (DE) OBERHAUSEN – Resonanzwerk
09.10.2021 (GB) LONDON – 229 venue
10.10.2021 (GB) NOTTINGHAM – Rescue Rooms
11.10.2021 (GB) BRISTOL – The Fleece
12.10.2021 (GB) MANCHESTER – Academy 3
13.10.2021 (GB) NEWCASTLE – St Dom’s Social Club
14.10.2021 (GB) GLASGOW – Cathouse
15.10.2021 (IE) DUBLIN – Voodoo Lounge
16.10.2021 (GB) BIRMINGHAM – The Asylum 2
17.10.2021 (NL) LEIDEN – Gebr. De Nobel
19.10.2021 (DE) STUTTGART – Im Wizemann Club
20.10.2021 (DE) HAMBURG – Bahnhof Pauli
21.10.2021 (DE) BERLIN – Columbia Theater
22.10.2021 (NL) EINDHOVEN – Dynamo
23.10.2021 (BE) VOSSELAAR – Biebob
24.10.2021 (DE) MANNHEIM – 7er Club
25.10.2021 (DE) NÜRNBERG – Hirsch
26.10.2021 (DE) LINDAU – Club Vaudeville
27.10.2021 (DE) MÜNCHEN – Backstage Halle
29.10.2021 (DE) ASCHAFFENBURG – Colos-Saal
30.10.2021 (DE) ANDERNACH – Live Club
31.10.2021 (CH) LUZERN – Schüür
01.11.2021 (FR) COLMAR – Le Grillen
02.11.2021 (FR) LYON CCO – Villeurbanne
03.11.2021 (ES) BARCELONA- Boveda
04.11.2021 (ES) MADRID – Shoko
05.11.2021 (ES) PAMPLONA – Totem
06.11.2021 (FR) TOULOUSE – L’Usine
07.11.2021 (FR) PARIS – Petit Bain
Online:
https://de-de.facebook.com/Evergrey
https://www.afm-records.de/de/e/99-evergrey.html
Foto Credits: © PatricUllaeus, ©GiannisNakos